Sehr oft sind wir in Halle – die Frau eines Geheimtippers stammt aus der Schwesterstadt. Auch darum wissen wir: Halle ist ganz nah und ganz anders. Nur reichlich eine halbe Stunde von Leipzig entfernt liegt die zwar kleinere, aber dafür ältere Metropole. Sie verfügt über ein hügeligeres Landschaftsprofil als unser flaches Leipzig, über einen richtigen Fluss, zwei richtige Burgen und eine erstaunliche architektonische Vielfalt.
Was in Leipzig um 1900 abgerissen wurde, um Messepalästen Platz zu machen, blieb in Halle erhalten, Renaissancegebäude, Fachwerkhäuser, historische Abwechslung. Es gibt weiterhin den ziemlich besonderen Stadtgottesacker*, einen Dom und in dessen Nachbarschaft die Neue Residenz. Die sowie den Laurentiusfriedhof am Botanischen Garten wollen wir Euch heute empfehlen.
Der Hof der Neuen Residenz wirkt wie eine Mischung aus Gartenparadies und Freisitz – mit Selbstbedienung. Leider nur noch bis 31. Juli könnt Ihr ihn (eintrittsfrei) besuchen und unter alten Bäumen, zwischen efeubewachsenen Mauern in gemütlichen Nischen zu äußerst angenehmen Preisen Kaffee trinken oder Wiener essen. Danach beginnen hier umfangreichere Bauarbeiten, hoffentlich folgt keine Privatisierung.
Halles Haupteinkaufsstraße heißt übrigens Leipziger Straße. Dort, wo der Leipziger Turm in die Höhe ragt, beginnt bzw. endet ihr attraktiverer Teil – je nachdem, ob Ihr gerade vom Bahnhof kommt oder vom Markt. Der Markt ist größer als der unsrige, die Peißnitz(-insel) mit dem Clara-Zetkin-Park zu vergleichen und das Paulusviertel mit der Südvorstadt. Als Äquivalent des Barfußgässchens könnte man die Kleine Ulrichstraße ansehen, als Vorzeigekomponist an der Saale gilt Händel statt Bach.
Wir Auswärtigen sind für unsere Nachbarn Hallunken, die Abstufung lautet folgendermaßen: Halloren, Hallenser, Hallunken. Ihre Kugeln oder das traditionelle Salz verkaufen sie uns trotzdem, sogar Lerchen haben wir unlängst bei Bäcker Kolb im Paulusviertel gesehen sowie Halloren-Kuchen. Ein Wort noch zum erwähnten Laurentiusfriedhof: Der wirkt mitsamt seiner Kapelle altertümlich, ruhig und schön.
Nachtrag am 28.09.2016: „Wenn eine begehrte Stadt dicht ist, freut sich die nächste. Statt nach Immobilien in Leipzig suchten immer mehr Investoren und Privatleute im etwa 40 Kilometer entfernten Halle“, lesen wir heute in der Leipziger Volkszeitung unter der Überschrift „Immobilienmarkt Ost: ‚Leipzig ist für Investoren quasi ausverkauft'“.
* siehe unseren Beitrag „Was ist ein Stadtgottesacker?“ (Mai 2020)