Während die Leipziger Volkszeitung Teile ihrer Redaktion an den Strand verlegt und das MDR-Fernsehen mal wieder „Zur See“ ausstrahlt, macht sich Filmfreund Jens in Gedanken auf nach Norden. Natürlich hat er dabei eine cineastische Erinnerung vor Augen …
„Erinnert Ihr Euch an die Pflichtlektüre in der Schule?“, fragt er. „Die Reise nach Sundevit war so eine, jedoch eine ganz besondere. Keine Ahnung, wie oft ich sie gelesen habe. Wohl sehr oft, denn die Ecken des Einbands sind ziemlich abgestoßen. Das Kinderbuch von Benno Pludra lag eines Tages auf meinem Geburtstagstisch und wurde zu meinem liebsten. Für mich ist es Frevel, ein Buch wegzuwerfen. Und so zogen die Geschichten um den Jungen vom Leuchtturm, Tim Tammer, über all die Jahre immer mit mir. Es gibt auch einen Kinderfilm ‚Die Reise nach Sundevit‘. Im Juli 1965 begannen die Dreharbeiten, Hauptdrehort war die zauberhafte Halbinsel Fischland-Darß-Zingst und deren Umgebung. In der Rolle des Tim sieht man den elfjährigen Stralsunder Ralf Strohbach, der die Rolle grandios spielt – jung, frech, pfiffig, unaufgeregt wie ein alter Filmhase. Dabei war es seine erste und einzige Filmrolle.
Benno Pludra war ein sehr erfolgreicher Kinderbuchautor, teilweise erschienen seine Bücher auch in westdeutschen Lizenzausgaben. Natürlich gab es Ereignisse, die für den einstigen Matrosen traurig und schwierig waren. ‚Mit den Filmen, die nach meinen Büchern gedreht wurden, gab es aber immer Ärger. Die Regisseure sind ja keine dummen Menschen‘, erklärte er. ‚Sie erschnuppern das Brisante, worüber man in der Literatur eher drüber weg liest, und bringen es nach vorn. Heiner Carow war einer der besten Regisseure der DEFA gewesen und hat ununterbrochen Filme gemacht, die bestimmte Leute auf die Barrikaden getrieben haben.‘ So auch die Verfilmung dieser klassischen Schullektüre.“
Jetzt im August 2022 bringen zwei positiv verrückte Filmenthusiasten ein Büchlein über die Sundevit-Hintergründe sowie das Leben des Kinderdarstellers, das 1998 tragisch endete, heraus. „Der kleine Mann und das Meer“ betitelten Jens Rübner und Manfred Rassau ihre Broschüre (53 Seiten, 14 farbige Abbildungen, 6,50 Euro zzgl. Versand).
Schauspieler, verrät Jens, hatte der 1954 geborene Ralf Strohbach nie werden wollen, eher Seemann, war sein Vater Fritz Strohbach doch Korvettenkapitän gewesen. Bis zum 3. Nautischen Offizier hat der Sohn es gebracht und war auf verschiedenen Schiffen der DSR (Deutsche Seereederei) auf allen Weltmeeren unterwegs. Am 16. Dezember 1998 verunglückte Ralf Strohbach in Ausübung seines damaligen Berufs als Industriekletterer bei Dacharbeiten an der Kirche St. Marien auf dem Berge in Boitzenburg in der Uckermark. Nach einer Seebestattung mit der MS Sundevit fand er vor Warnemünde seine ewige Ruhe.
Die Musik zum Film schrieben seinerzeit übrigens die Baltics, die auch kurz zu sehen sind. Kopf der Band war Wolfgang Ziegler (später Gruppe Wir, größter Solo-Hit „Verdammt!“).
Manfred Rassau wiederum besucht regelmäßig Jens‘ Seite im Internet. „Dabei stellte sich heraus, das wir seit Jahren unabhängig voneinander Material über den Sundevit-Film, den Oldtimer Dixi sowie den Kinderdarsteller Ralf Strohbach zusammentragen …“ Entstanden ist das gemeinsame Buch, welches ab sofort über defa-filmfreund.de zu haben ist.