Ende der Achtziger rollten wir bereits auf Mifa und Diamant durch Leipzig und machten Schwarzweißbilder von Ecken, die wir für bemerkenswert hielten. Unter anderem damals dabei war das von uns so genannte Handwerkerhaus in der Münzgasse 24. Warum Handwerkerhaus? Weil an seiner Fassade lauter Berufsbezeichnungen geschrieben standen. Heute kennt man solche „Aushänge“ von Zeitarbeiter-Vermittlern.
Zimmerer, Maurer, Stukkateure, Isolierer, Fliesenleger, Steinholzleger, Zementarbeiter, Bauhilfsarbeiter sowie Buchbinder, außerdem Asphalt- und Pappdecker, Dachdecker, Maler, Lackierer, Anstreicher, Ofensetzer und Steinarbeiter
An der Tür erklärte den Arbeitssuchenden der Vorzeit (denn zumindest in den Achtzigern galt das nicht mehr) ein Schild: „Eingang von der Straße aus“. Wir glauben uns zu erinnern, dass unser Bild 2 die Straßen- bzw. Gassenseite zeigt, leider unvollständig und ohne Eingang, und die Berufsbezeichnungen samt Tür und Schild linker Hand an der Seite zu finden waren. Mittlerweile gibt es das kleine Gebäude nicht mehr, das Grundstück wird als Parkplatz genutzt. Das benachbarte Restaurant Texas Inn kennen wir noch als Eckstein.
In der nahe der Münzgasse gelegenen Paul-Gruner-Straße fotografierten wir seinerzeit auch die Dr. Schustersche Lehranstalt. Hier verschwanden glücklicherweise weder das Haus noch der Schriftzug.
Herzlichen Dank an Norbert!
Nachtrag I: Christoph Stahl merkte auf unserer Facebook-Seite an: „Wurde nicht im Münzblock das Arbeitslosengeld ausbezahlt? Da wäre eine Arbeitsvermittlung nebenan doch perfekt!“ Das stimmt, wir wissen aber leider nichts darüber. Doch das kann ja noch werden.
Nachtrag II: Unser „Detektiv“ Julius löste das Rätsel! Er entdeckte einen LVZ-Artikel vom 01.05.1977, aus dem wir zitieren: „Viele Jahrzehnte schon steht das kleine Gebäude im Grundstück Münzgasse 24 in Leipzig. Doch noch immer lesbar sind rechts und links vor der Tür Berufsbezeichnungen. Von Zimmerer bis Steinsetzer ist jeder Buchstabe deutlich zu erkennen. Bei der achten Gewerbebezeichnung bricht es hinter Schornstein… ab. Sicherlich sind die Schornsteinbauer gemeint. Denn seit der Jahrhundertwende war dieses unscheinbare Gebäude Tag für Tag Anlaufpunkt für Bauarbeiter. Hier war die Stelle, wo sie nach einer Beschäftigung nachfragen konnten. Öfter aber noch mußten sie ihre Nachweiskarte für die Arbeitslosenunterstützung über einen klapprigen Tresen schieben, um die „Stütze“ eintragen zu lassen. In den Wintermonaten war das Gedränge besonders groß. … Inzwischen wächst Gras in den Dachrinnen des Gebäudes, und die Tür wird nur noch geöffnet, wenn aus dem dahinterliegenden Lager etwas herausgeholt wird. Eine Stempelstelle ist arbeitslos geworden.“ Jetzt wissen wir’s, herzlichen Dank an Julius!