Auf Sgraffiti in Taucha folgen Graffiti in Halle, nicht zum ersten Mal strecken wir unsere Fühler in die Nachbarstädte aus. In Freiimfelde, einem laut halle.de jahrzehntelang vernachlässigten Stadtteil mit schlechter sozialer Infrastruktur und zeitweise über 40% Leerstand entstand 2012 die Freiraumgalerie. Ungenutzte Bausubstanz durfte legal besprüht werden und wurde so auf einmal für Leute interessant, die sich ansonsten nie in dieses Viertel hinter dem Bahnhof verirrt hätten. Wir zählen uns selbst dazu, waren 2014 hier, 2019 und erst gestern wieder.
Zwischen Freiimfelder und Landsberger, Delitzscher und Reideburger Straße sind so viele, zum Teil ganze Häuser einnehmende Bilder zu sehen wie nirgendwo (auf jeden Fall nicht in Leipzig, wo wir aber über zahlreiche illustrierte Giebel verfügen, siehe unsere Serie „Leipziger Giebel I-V“). In Halle-Freiimfelde zeigt sich die Straßenkunst konzentriert auf engem Raum. Und nach unserem dritten Besuch vor Ort dürfen wir annehmen, dass die 2012er Aktion Erfolg gehabt hat, denn die bebilderten Häuser werden langsam weniger und die sanierten werden mehr.
Eine Fahrt nach Freiimfelde lohnt sich dennoch immer. Es gibt schon aufgrund der Fülle jedes Mal Neues zu entdecken. Für uns barg gestern zum einen der Hof des Ibis Styles Hotels in der Delitzscher Straße eine Überraschung: Das vermutlich von 1997 stammende Wandbild, welches der Decke eines Renaissancekirchenbaus zur Ehre gereichen würde sowie Tübke- und Triegel-Verehrer erfreuen dürfte. Zum anderen gefiel uns das FreiFeld an der Ecke von Reideburger und Landsberger Straße (www.freiimfelde-ev.de).
Am Eingang zur Freiimfelder Straße, von der Delitzscher Straße aus gesehen, warten übrigens DDR-Repräsentationsbauten (Wohnpaläste für Arbeiter) aus den 1950er Jahren auf Architekturinteressierte und erinnern alte Leipziger an den Ranstädter Steinweg, die DHfK, die Ringbebauung und das Dunckerviertel. Weiter hinten ruht dann der Schlachthof als Lost Place im Dornröschenschlaf …
