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Katze, Hund und Bulle

Katze, Hund und Bulle

Schon zu Zeiten, als es noch nicht einmal das Getränk Red Bull gab, herrschte in unserer Stadt fußballerisch keine Einheit. Die eine Hälfte war für Chemie, die andere Hälfte für Lok – so fühlte man. Auch wir Geheimtipp-Macher haben ehemalige Anhänger beider Seiten unter uns. Darum waren Hund und Katze für uns nie vergessen. Gemeint sind die Giebelbilder in der Prager Straße, nahe des Bruno-Plache-Stadions (genutzt von Lok) im Ortsteil Probstheida.

Die Tiere wurden in den 1980ern ganz offiziell an die Wände gemalt, Hund und Katze für Lok und Chemie. Der Hund trägt seinen blaugelben Schal noch, die eigentlich grünweißen Utensilien der Katze müssen irgendwann nach 1990 mit zusätzlichen Farben erweitert worden sein.

Und weil wir einmal dabei sind: Chemie spielte und spielt im Leutzscher Georg-Schwarz-Sportpark (heute nach Meistertrainer Alfred Kunze benannt), Ortsderbys fanden im Zentralstadion (inzwischen Red Bull Arena) oder im Stadion des Friedens in Gohlis statt. Erstaunlich waren in den 1980ern auch die Mannschaften Chemie Markkleeberg, weil die schon damals in Adidas-Sportsachen aufliefen, und Chemie Böhlen, die zum Teil in der höchsten Liga mithielten. Und heute? Sind zu den nach wie vor uneinigen Hunden und Katzen noch die Bullen gekommen, RB Leipzig.

Für Auswärtige: Abgesehen von ihrer sprichwörtlichen Unverträglichkeit spielen Hund und Katze für Lok und Chemie keine Rolle, sind weder Wappentiere noch Maskottchen. Tierisch ging es dennoch zu. „Welche Hure, welcher Bock schuf den 1. FC Lok?“, skandierten die Chemie-Fans, während die von Lok riefen: „Welche Hure, welches Vieh schuf die BSG Chemie?“ Nun aber genug davon.

www.chemie-leipzig.de +++ www.lok-leipzig.com +++ www.dierotenbullen.com

siehe auch unseren Beitrag „Erlebnispaket DDR-Fußball“ (April 2020)

Nachtrag am 18.08.2020: In einem Interview, das die LVZ heute anlässlich seines 80. Geburtstags mit Bernd Sikora führte bzw. veröffentlichte, erwähnt der Architekt und Autor vieler Leipzig-Bücher das „Projekt Giebelmalerei ‚Hund und Katze'“ in der Prager Straße. Hat er die Sinnbilder gemalt oder entworfen? Wahrscheinlich …

Nachtrag am 24.08.2020: Überraschung! Zumindest für uns. Bernd Sikora teilte auf Anfrage mit: „… die Giebelbilder sind von meiner Kollegin Jutta Hellgrewe und mir – ursprünglich in einem Wettbewerb 10 Jahre davor als ‚Hund und Katze‘ (Lok und Chemie) ausgewählt, wurden sie 1987/88 von uns politisch ummotiviert – der Hund ist noch friedlich, die Katze ein Sinnbild für Erich Mielke und seine ‚Dynamo‘-Manipulationen gegen Lok Leipzig. Das Treppenhaus dahinter ist die fensterlose DDR mit Treppen ohne Geländern. Die Dynamolanze kämpft unfair gegen die Lok-Lanze im Ritterkampf um die Meisterkrone. Ausführlich ist das alles im aktuellen dicken Bildband von Lok Leipzig von mir beschrieben worden. Den empfehle ich zur weiteren Information …“ Das hatten wir weder gewusst noch in Erwägung gezogen. Mit Dynamo ist übrigens nicht etwa Dresden, sondern der BFC Dynamo gemeint. Das genannte Buch trägt den Titel „125 Jahre – Vom VfB zum 1. FC Lokomotive Leipzig“.

Nachtrag am 20.12.2020: Nächste Überraschung! Ein uns (Saskia und Bert) rätselhafter Aufkleber an einem Briefkasten in der Georg-Schwarz-Straße lässt sich den Anhängern von RB Leipzig zuordnen. Martin gab auf Facebook den entscheidenden Tipp, unser eigener Geheimtipp-Claudio bestätigte dann auf Nachfrage die Richtigkeit. Danke!