In Gregor Müllers Buch „Leipziger Zeitenwende“ (Gmeiner Verlag) ist Commissar Kreiser einer Bande von Lotteriescheinfälschern auf den Fersen sowie den Mördern einer 17jährigen Prostituierten, eines alten Kriegshelden und eines Pfandleihers. Das Ganze spielt in den letzten Tagen des Jahres 1899 und wir eilen mit dem Commissar durch die halbe Stadt, sehen u.a. den Weihnachtsmarkt mit Siegesdenkmal, erleben das Seeburgviertel in einer Zeit, in der es über einen zweifelhaften Ruf verfügte, geraten in eine Schriftgießerei und auch in eine illegale Druckerei.
Oberbürgermeister Tröndlin sitzt im Alten Rathaus, während Joseph Kreiser in der Dufourstraße zur Untermiete wohnt. Seine Vermieterin, eine ihm zugewandte pensionierte Lehrerin gibt hin und wieder Tipps, denn sie kennt die Leute. Als weiterer Helfer erweist sich Staatsanwalt Möbius, der ebenfalls gut über Stadt und Gesellschaft bescheid weiß und Kreiser unterstützt, wenn dessen Vorgesetzter zu den üblichen Vorgesetztenmätzchen greift und den Commissar entweder drängelt oder von den Fällen abziehen möchte.
Gregor Müller beschreibt all das spannend und voller Alt-Leipziger Lokalkolorit. Am besten legt Ihr Euch einen historischen Stadtplan neben sein Buch, z.B. den 1884er aus dem Fliegenkopf Verlag, und stellt auch gleich noch etwas Brot mit kaltem Aufschnitt und eine Kanne Bohnenkaffee auf den Tisch, wenn Ihr gemeinsam mit Kreiser erst die Zusammenhänge und dann die Verbrecher zu fassen bekommt und schließlich für das apokalyptische Ende den Turm der Nikolaikirche erklimmt!
Das Doppelhaus 6/8 stellt für uns übrigens den Inbegriff der Dufourstraße dar, so wie es aussieht, wurde es wahrscheinlich aber erst nach 1899 erbaut. +++ Mit Gregor Müller sprachen wir bereits im Dezember 2020 (siehe unseren Beitrag „Mord im Charlottenhof“), damals hatte er seinen ersten Kreiser-Krimi unter dem Titel „Völkerschau“ herausgebracht. +++ Im Seeburgviertel sind wir 1986 mit Norbert unterwegs gewesen, unsere Lehrwerkstatt lag in der Sternwartenstraße.
Dank Sandro, Wibke und Mario wissen wir nun auch wieder, welche Lokale in der Dufourstraße 6 und 8 einst ansässig gewesen sind, zum einen die Tanzgaststätte Carola-Bar (vormals Carola-Casino und davor Zum Burgfrieden, laut Helmut-Henning Schimpfermanns Kompendium „Wirtliches an der Pleiße“) und zum anderen das Tanzcafé Feldschlösschen. Weitere Feldschlösschen gab es Schimpfermann zufolge in der Schönefelder Straße 4 und in der Merseburger Straße 27 (an der Ecke zur Karl-Heine-Straße).