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Utopien in Meusdorf

Utopien in Meusdorf

Auf den Hitlisten zu Möglichkeiten attraktiver Abendgestaltung stehen Vorträge bei den wenigsten ganz oben. Zu unrecht, denn Vorträge können unterhaltsam unser Wissen erweitern und an ihrem Ende in ein interessantes Hin und Her münden. Demzufolge war die privat anmutende Atmosphäre der kleinen Villa de Lujan der richtige Rahmen – um Utopien ging es letzten Sonnabend dort in Meusdorf, um Utopien in der neueren deutschen Literatur und um ihre düsteren Geschwister, die Dystopien.

Referent Bernd Löffler, ein Philosoph aus Erfurt, bringt zu Beginn ein Zitat: „Das Leben ändern, ist die maximale Utopie, überleben die minimale.“ Utopien öffnen das Denken, führt er aus, Dystopien hingegen machen Zukunftsangst. Löffler meint, dass sich ethische und technologische Entwicklungen gegenwärtig nicht im Gleichklang befinden – Ethik und Moral hinken hinterher. Und er verrät, bei Nennung der Worte Reform und Experte sträubten sich ihm die Nackenhaare.

Es folgen Beispiele aus der Literatur, zuerst Reinhard Jirgls „Nichts von euch auf Erden“, eine Dystopie, Bernd Löffler zufolge zum Teil schwer auszuhalten. Die Starken und Skrupellosen sind auf Mond und Mars ausgewandert, um dort so weiterzumachen wie vorher, während der friedliche Rest auf der Erde seinem Ende entgegendämmert. Europas Regierung sitzt im Haus der Sorge – es gibt keine Hoffnung, keine Rettung.

Dietmar Daths „Feldeváye“ scheint da positiver, die Utopie ist hier zumindest eine Option. Beschrieben wird eine Gesellschaft ohne Kunst – nur Technik, keine Ästhetik. Schließlich zweimal Volker Braun: „Die vier Werkzeugmacher“ und „Die hellen Haufen“. Einmal geht es um die „Urbarmachung der DDR für den Kapitalismus“, das andere mal um die gescheiterte Utopie der Streikenden von Bischofferode. Ein Zitat aus den „Werkzeugmachern“: „Jeder denkt, es trifft den Anderen, bis er selbst der Andere ist.“

Bernd Löffler erzählt, führt aus, stellt vor – niemals langweilig, immer sympathisch. „Es wird kein stetes Aufwärts mehr geben, wenn es das jemals gegeben hat“, meint er. Aber wir wollen und brauchen doch Hoffnung auf Besserung?! Mehr Utopien, weniger Dystopien. Einen (nichtliterarischen) Ausweg sieht der Philosoph im Organisieren und dem Stellen klarer Forderungen. Außerdem sagt er lächelnd: „Ich vertraue ein wenig der List der Geschichte.“

Nächster Termin in der charmanten Villa de Lujan ist der 10. Juni 2016, Gast Vicki Vomit. Und am 8. Oktober 2016 liest Hausherr Elmar Matzner eigene Geschichten.

www.eiffe-der-baer.de

siehe auch unseren Beitrag „Eine Villa in Meusdorf“ vom Oktober 2013