Vor dem Vergessen bewahren wollen wir unter anderem alte Werbung im Leipziger Straßenbild. Deswegen fotografieren wir wie die Weltmeister und präsentieren ab und zu unsere neuesten Errungenschaften. Mitstreiter Andreas sucht dann die passenden Fakten aus den Adressbüchern der Lokalgeschichte.
Drei Beispiele: Die Stöcker & Co. Telephon- & Telegraphenwerke zogen 1904 in die Wachsmuthstraße 10, nachdem dort ein Jahr lang einer vergeblich versucht hat, chemische Produkte zusammenzubrauen. Das Haus muss um 1902 erbaut worden sein. Vor 1963 wurde aus Stöcker & Co. der VEB Entwicklungswerk Funkmechanik und nach 1990 in einem Seitengebäude ein Swingerclub eröffnet.
Stöckers hantierten vor 1904 auf dem späteren Rudolph-Sack-Gelände, rechts der Karl-Heine-Straße (Richtung Bahnhof Plagwitz), hinter dem Kanal – alles abgerissen. Davor saßen sie in der Ernst-Mey-Straße 11 (teilzerstört, Eckbebauung zur Forststraße Mitte der 1990er abgerissen). Begonnen hatte man 1888 im Hintergebäude der Emilienstraße 44, das wie das Vordergebäude in Ecklage leider auch nicht mehr existiert. Unternehmensgründer dürfte Carl Stöcker, ein Uhren- und Goldwarenhändler vom Königsplatz 4, gewesen sein.
Die Werbereste in der Wurzner Straße 136 sind über 100 Jahre alt! Unser Fachmann Andreas ordnet sie der Firma A. Poppe, Wasserleitungsbedarfsartikel, zu, welche dort von 1906 bis etwa 1917 die Klempner der Umgebung versorgte. Julius, ein weiterer einer unser Fachmänner, fand eine alte Rechnung im Internet. Sie stammt von 1908 und führt Georg Poppe ganz oben im Briefbogen auf, „Grosshandlung in Röhren, Pumpen und Armaturen aller Art für Gas- und Wasserwerke, Dampf-, Heizungs- und Pumpen-Anlagen“. Das Unternehmen aus Leipzig-Sellerhausen hatte u.a. ein Bankkonto bei der Depositenkasse Reudnitz.
Sucht man im Internet nach der Emil Kelling GmbH, erfährt man von einer 2015 vorgenommenen Löschung aus dem Handelsregister „wegen Vermögenslosigkeit“. Laut dem Leipziger Adressbuch von 1949 war die Gesellschaft im Jahre 1863 entstanden und beschäftigte sich mit „Herstellung und Vertrieb von Heizungs-, Lüftungs-, Klima-Anlagen, Rohrleitungsbau, Sanitäre(n) Einrichtungen, Arbeiterkauen, Apparatebau“. Wir entdeckten das historische Schild im Schaufenster des Buch-A&V* in der Karl-Heine-Straße / Ecke Josephstraße.
Ein viertes und vorerst letztes Beispiel: Mit ihrer Erweiterung um das wiederbelebte Café Götz versuchte es die empfehlenswerte Konditorei Krüsmann** aus der Endersstraße leider zwei, drei Jahre zu früh. Wir fanden deren (mittlerweile erneut geschlossenes) Zweitlokal in der Zschocherschen Straße gut und denken, jetzt würde es laufen …
* an gleicher Stelle fotografierten wir bereits Feinkost-Leipzig-Ketchup und OGEVA-Porree, siehe unseren Beitrag „Zeitung von vorgestern III“ (August 2016)
** siehe auch unseren Beitrag „Ein Kaiser zum Kauen“ (Februar 2014)
Aktuell haben wir folgende Betriebe in der Galerie:
Stöcker & Co. Wachsmuth- / Ecke Limburgerstraße
Café Götz Zschochersche Straße
Emil Kelling GmbH Lößniger Straße
Deko-Geiler Ostplatz
Druckerei Fischer Reichpietschstraße
Raumausstattung Dresdner Straße
Georg Poppe Wurzner Straße
PGH Fliesen – Keramik Theresienstraße
Fuhrgeschäft Gust Rösch Heinickestraße
Tabakwaren Wilhelm-Sammet- / Ecke Lützowstraße
Becker’s Lebensmitteleck Lützowstraße
Arno Köllner Coppistraße