Kate und Thomas, die uns schon auf den Gasthof Baalsdorf* aufmerksam gemacht hatten, nahmen uns eines eisigen Tages mit an den Hundestrand des Störmthaler Sees. Das Gewässer präsentierte sich aufgewühlt, ostseegrün wogten die Wellen, unsere Augen tränten vor Rührung und Kälte. Nachdem sich das mitgeführte Tier ausgetobt hatte, suchten wir das Café im Pfarrhaus auf, ein Lokal für Leute, die Ruhe, alte Häuser und handgemachte Speisen zu schätzen wissen. Es gab Suppe und verschiedene Kuchen, Kaffee, Beuchaer Säfte und Wein. Gemütlich!
Eines windstillen und milden Tages wenige Wochen später verabredeten wir uns mit Nannett und Ariane, um nun unsererseits die Neuentdeckung zu zeigen. Wir verließen die A38 wie zuvor an der Ausfahrt Leipzig-Südost und waren in nullkommanichts auf dem Parkplatz am Aussichtspunkt. Hier muss man auch im kälteren Halbjahr bezahlen oder ein kostenloses Kurzzeit-Ticket ziehen. Da wir aber länger herumlaufen wollten, fuhren wir zum Parkplatz an der Vineta-Anlegestelle. Dort, so hatte uns bei unserem ersten Ausflug ein sympathischer Tippgeber geflüstert, kostet das Autoabstellen im Winter nichts.
Und von dort schlenderte es sich urlaubermäßig zum Hafen von Lagovida. Direkt am Ufer leuchtete der See in rotem Ton, dann blau bis grün, je nach Lichteinfall und -stärke. Das Wasser lag ruhig, der Pfad zwischen Gräsern, Bäumen und Sträuchern stand allein uns zur Verfügung – kein Vergleich zum Gerammel am Cospudener See. Am Hafen wurde es ein wenig lebhafter, blieb aber erholsam. Wir setzten uns für einen starken Kaffee in die Hotelbar und schauten durch ein Bullauge hinaus auf Himmel und Wasser. Davor und danach inspizierten wir die Urlauberunterkünfte, die Holzhäuser ebenso wie die, die an Hobbithügel erinnern. Erstere haben Veranden in Richtung Wasser, zweitere sogar eigene Strandabschnitte.
Nun ging es vom See ins Dorf namens Störmthal. Der Kirchturm diente als Orientierung für unseren zweiten Aufenthalt im Pfarrhaus, erneut erfreuten wir uns an Suppe und Kuchen, Getränken und der Atmosphäre. Ariane erzählte, dass sie hierher vom Ring-Messehaus lediglich 25 Autominuten gebraucht hatte (für 16 Kilometer an einem Sonnabend), und Nannett ist schon einmal mit dem Fahrrad vom Grassimuseum zum See, drumherum und anschließend zurück unterwegs gewesen. Sie hatte am Ende 50 Kilometer in den Beinen – machbar. Die Botschaft: Störmthal befindet sich weniger weit draußen, als wir dachten.
Wohl darum weilte auch Johann Sebastian Bach seinerzeit in der hübschen Barockkirche, er nahm hier 1723 die Zacharias-Hildebrandt-Orgel in Betrieb. Ein echter Störmthaler Prominenter ist Friedrich Naumann, Namensgeber der Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP) und liberaler Politiker im Kaiserreich. 1860 wurde er als Sohn des hiesigen Pfarrers geboren und fühlte sich dem kleinen Ort zeitlebens verbunden. Wenn Euch das interessiert, bekommt Ihr im Café Material zur Geschichte von Ort und Kirche. Wir wollen beim nächsten Besuch der Gegend den von Frank und Ute empfohlenen Gasthof Störmthal kennenlernen sowie das Güldengossaer Café im Palmenhaus.
* siehe auch unsere Beiträge „Im Gasthof Baalsdorf“ (Juli 2016) und „Herbst am See II“ (Oktober 2016)
Nachtrag am 04.06.2018: Laut LVZ von vorgestern wird heute vor der Störmthaler Kirche eine Friedrich-Naumann-Bronzebüste enthüllt, mit von der Partie ist dann auch Johanna Butenuth, die Betreiberin des Cafés im Pfarrhaus.