Die einstige Bahnhofstraße (heute Linkelstraße) führt nach wie vor vom Rathaus Wahren zum Bahnhof Wahren. Läuft oder fährt man sie entlang, sieht man auf der linken Seite kurz vor der neuen B6 ein großes gelbes Gebäude, das wir immer für eine ehemalige Kaserne gehalten haben.
Beim Blättern in Pro Leipzigs Bildband „Möckern & Wahren – Zwei Leipziger Ortsteile auf alten Ansichtskarten“ stutzten wir, denn da war diese Lost-Place-Kaserne zu sehen – als Verwaltungsgebäude der Dux Automobil-Werke AG (auf einer Postkarte von 1929, mit Anbauten und den „verwandten“ Polyphon-Werken in unmittelbarer Nachbarschaft, Seite 123).
Ausgestattet mit dieser Information, nahmen wir das „Wahrener Geschichtsbuch“ (herausgegeben vom Bürgerverein Möckern-Wahren) zur Hand und erfuhren, dass die Dux-Fabrik ein Tochterunternehmen der Polyphon-Musikwerke gewesen ist. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts „versprach“ das Produkt Automobil „ganz neue Verkehrsmöglichkeiten und Profit. Kein Wunder, wenn sich Polyphon mit seinen feinmechanisch geschulten Fachkräften diesem neuen Phänomen … zuwandte und extra eine Abteilung gründete, die Autos herstellen sollte“.
Aus den USA besorgte man sich Oldsmobile-Lizenzen, nahm Verbesserungen vor und produzierte 1904 das Polymobil und die Gazelle. 1908 wurde der Ingenieur Gustav Schürmann angeworben, kurz darauf rollte der vierzylindrige Dux von Wahren aus über die Straßen – „Zuverlässigkeit wurde zum Markenzeichen“.
1936 erstreckte sich die Fabrik bis hinunter zur Stammerstraße, auch LKW (der Marke Büssing – Dux war mittlerweile in der NAG, der Nationalen Automobilgesellschaft, aufgegangen), Busse und Armeefahrzeuge wurden hier gebaut. Nach 1945 „entdeckte die Sowjetarmee … das Werk für sich, beschlagnahmte es“ und nutzte es bis 1991 unter dem Namen „Roter Stern“.
Übriggeblieben ist allein das Verwaltungsgebäude, welches möglicherweise demnächst renoviert wird. Es sieht in letzter Zeit nach Aufräumarbeiten drumherum aus …
P.S. 1: Uwe hat Ende 2008 einen weiteren Rest der Dux/Polyphon-Werke ablichten können. Dann kamen die Abrissbagger. (Rechts im Bild: Anlagen des Bahnhofs Wahren und Häuser der Pater-Gordian-Straße)
P.S. 2: Herzlichen Dank für die alten Anzeigen an Andreas! Auf einer erkennt man sogar das Verwaltungsgebäude.
Nachtrag: Fridtjof Tauche und Ramona Stein vom Kfz.-Reinigungsdienst in der Wolfgang-Heinze-Straße haben ein paar Zusatz-Informationen: „Doch das war bekannt. Und ganz in der Nähe die Polyphon-Werke und das Drehmaschinenwerk ehem. Pittler. Dazwischen lag das Betriebsbad vom Drema, welches auch gern von den Sowjetsoldaten der im ehem. Dux-Werk ansässigen Panzermotorenreparatur genutzt wurde.“ Von Daria Berlin wiederum gibt’s tolle Fotos aus dem Inneren des Hauses (siehe die Kommentare auf unserer Facebook-Seite). Danke an alle!