Nicht zum ersten Mal präsentieren wir hier bejahrte Leipziger Bieretiketten, u.a. von F.A. Ulrich (Zentrum) sowie aus Gohlis und aus Reudnitz. Außerdem haben wir in der Broschüre „Plagwitz – Aus der Geschichte eines Vorortes“ (1986) nachgeschlagen. Da ging es uns um Naumanns Brauerei, später kurzzeitig Westquell genannt; ein Beitrag in der Stadtteilzeitung 3Viertel brachte uns darauf.
In der erwähnten Broschüre findet sich nämlich eine Chronik des VEB Sachsenbräu, Betriebsteil II*: „1828 C. W. Naumann wurde Leipziger Bierbrauer, indem er den Brauer- und Mälzereid vor dem Rat zu Leipzig ablegte (…) / 1831 Genehmigung zur Errichtung eines Brauhauses am Ranstädter Tor (Kleine Funkenburg) erhalten, 1835 erstmalig im neuen Brauhaus gebraut /1842 Kauf des Böhmeschen Gutes in Plagwitz / 1843 Lagerung des ersten Bieres im Sommerkeller (Alter Felsenkeller) / 1843 Errichtung des ersten Restaurationssaales auf dem Felsenkeller“
„1857 C. W. Naumann erwarb von Dr. K. Heine ein Gelände an der Zschocherschen Straße (Philipp-Müller-Straße 79) und errichtete als erstes einen Lagerkeller / 1857 Begonnene Hopfenanbauversuche in Plagwitz werden wieder eingestellt / 1864 Brauereibetrieb in Plagwitz mit Dampfmaschinen und Dampfkessel auf dem Bergkellergrundstück aufgenommen / … / 1877 Das Grundstück „Zills Tunnel“ geht in den Besitz der Firma Naumann über“
„1884 Anschaffung der ersten Eismaschine – künstliche Kellerkühlung, seitdem wird der „Alte Felsenkeller“ nicht mehr benutzt (1906 Verkauf an den Rat der Stadt) / … / 1887 Naumann-Bräu ist mit 38 000 hl pro Jahr die drittgrößte Brauerei Leipzigs (nach Riebeck* und Vereinsbrauerei**) / …/ 1946 Nach dem Volksentscheid geht die Naumann-Brauerei als VEB „Westquell“ in die Hände des Volkes über / … / 1959 Zusammenschluß der Landes-, Gohliser und Westquellbrauerei zum VEB Sachsenbräu“
Der Beitrag in der Stadtteilzeitung 3Viertel, Ausgabe September 2014 („Herr Naumanns Bierkeller“), informiert darüber hinaus, dass C.W. für Carl Wilhelm steht und jener von 1792 bis 1876 lebte. Anfang der 1970er wird der alte Felsenkeller (zwischen Bibliothek und Felsenkeller) FDJ-Jugendclub, aus der Zeit stammt auch der von 2007 bis 2012 wieder verwandte Name Victor Jara, „2012 musste der Club Victor Jara schließen“. „Derzeitige Eigentümerin des Flurstücks mit dem Gewölbekeller (Zschochersche Straße 12) ist die Stadt Leipzig“, sie will es aber offensichtlich nicht behalten. Mal sehen, was wird***.
Empfehlen wollen wir ebenso einen Blick ins Leipzig-Lexikon.de, unter dem Stichwort Naumann, C. W. wurde da Interessantes zusammengetragen. Zur ehemaligen Gohliser Brauerei könnt Ihr unseren Beitrag „Alte Bilder VI“ (Dezember 2012) anklicken, wir haben das Bräustüb’l abgebildet, und über die alte Sternburg-Brauerei kommt im Lychatz-Verlag demnächst ein Buch heraus (Buchpremiere: 27.11.2014 Grüne Aue Lützschena). Der kleine Verlag sitzt dem immer noch imposanten Anwesen in Lützschena schräg gegenüber.
Vor der sanierten Villa direkt am Brauereigelände (Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Villa hat mit dem Verlag nichts zu tun) prangt seit kurzem übrigens ein ebenfalls saniertes Sternburg-Logo! Unsaniert seht Ihr es in unserem Beitrag „Sternburg, nicht Sternburger“ (März 2012).
* Betriebsteil I war die bis heute bestehende, einstige Riebeck-Brauerei in der Mühlstraße, die eine Zeitlang auch unter Landes-Brauerei Leipzig firmierte (auf dem Maibock-Etikett stehen beide Bezeichnungen)
** die heutige Feinkost in der Braustraße (Eingang Karl-Liebknecht-Straße), siehe www.feinkostgenossenschaft.de (Gelände / Geschichte / Am Anfang war das Bier), im Feinkost-Blog (www.feinkostblog.wordpress.com) findet man in der Kategorie „Aus dem Archiv“ eine historische Ansicht der Vereinsbrauerei
Nachtrag am 06.10.2014: Der (neuere) Felsenkeller macht wieder auf! Und zwar am 8. November 2014 mit einer Tanzparty unter der Leitung von DJ Ekki (www.felsenkeller-leipzig.com).
*** Nachtrag am 19.02.2015: Der (ältere) Felsenkeller wechselt den Besitzer. Die Leipziger Volkszeitung meldet heute: „Leipzigs Liegenschaftsamt will den früheren Tanz-Klub ‚Victor Jara‘ in Plagwitz verkaufen.“ Es geht um ein 1.720 Quadratmeter großes Grundstück und 142.000 Euro als höchstes Gebot, es soll zukünftig wieder Gastronomie und Veranstaltungen geben. „1842 ließ Carl Wilhelm Naumann als Grundstein für seine Brauerei die Kellergewölbe in einen Schlackefelsen hauen … Etwa ab 1965 legte die FDJ die verschütteten Gewölbe wieder frei, nutzte sie als Disco …“