Die ehemalige Mockauer Post ist selbst denjenigen in Leipzig ein Begriff, die da oben im Nordosten selten bis nie zu tun haben – als Straßenbahnhaltestelle. Als Post hingegen hat der beeindruckende Neorenaissancebau ausgedient. Die unseligen Center, die es in jedem Stadtteil manchmal sogar mehrfach gibt, haben sie verdrängt. In Mockau steht eins der Post gegenüber, ein weiteres direkt neben ihr. Die Post aber steht leer, und jeder halbwegs Interessierte weiß, dass das einem Haus auf Dauer nicht gut bekommt.
Über Mockau-Süd und -Nord liest man im „Ortsteilkatalog 1995“ (der alte ist verblüffender, weil manches darin heute schon anders formuliert werden würde) der Stadt Leipzig: „Mischgebiet aus Wohn- und Industriebebauung, denkmalgeschützte Wohnensembles (‚Zeppelin‘, ‚Rot Front‘), Sanierung entlang der Mockauer Straße und Siedlung ‚Weidenhof‘ … Teilgebiete des Ortsteils sind in das Gesamtvorhaben ‚Neue Messe‘ und ‚Großversandhaus Quelle‘ (Inbetriebnahme Dezember 1994) eingebunden.“ Rot Front ist die Rote Front*, Quelle aus dem Wirtschaftsleben verschwunden.
Postleitzahl war in den 1980er Jahren die 7025. In den 1970ern entstanden in Mockau „4501 Wohnungseinheiten“ (Quelle: „Tourist Stadtführer-Atlas Leipzig“, 1981). Man sieht’s. Viele, viele Neubauten, aber nicht nur, auch Siedlungen und Gründerzeitbauten. Die Mockauer Post wurde 1915/16 an die Kreuzung von Mockauer, Essener und Kieler Straße gestellt. Wenn sie weiter verfällt, wär das ein Jammer.**
* Rote Front wird eine Wohnanlage in der Friedrichshafener und Mockauer Straße aufgrund ihrer Farbgebung genannt; siehe u.a. „Bauhaus und Art Déco – Architektur der Zwanzigerjahre in Leipzig“ von Sikora/Kober, 2008, sowie „Eine Wohnung für alle – Geschichte des kommunalen Wohnungsbaus in Leipzig 1900-2000“, 2000, herausgegeben von Pro Leipzig und der LWB, sowie unseren Beitrag „Rote Front, gelbe Front“ vom März 2013
** Zumindest in Planung ist etwas, nämlich die „Rekonstruktion und (der) Umbau der alten Mockauer Post zu einem Appartmenthaus für Senioren mit einer angeschlossenen Tagespflegestätte im Erdgeschoß. Bauherr: Blaufalk Immobilien GmbH“. Das lesen wir auf www.nauber-langer.de und auf www.blaufalk-projektart.de: „Nach Plänen des Leipziger Architekten Alfred Spaete wurde 1915 – 1916 an der Mockauer Straße, Ecke Essener Straße ein neues Postgebäude errichtet. Nach der umfangreichen Sanierung werden Sie im Erdgeschoss eine Altentagesstätte mit Aufenthaltsbereich und Garten vorfinden sowie in den Obergeschossen barrierefreie Wohnungen. Das gesamte Gebäude wurde nach Absprache mit einem Leipziger Pflegeunternehmen gestaltet und nach Fertigstellung betrieben.“
Nachtrag: Auf den Internetseiten der Stadt Leipzig, www.leipzig.de, erfahren wir über Mockau unter anderem: „Die Sozialhilfedichte in Mockau-Nord ist mit 38 Empfängern pro 1000 Einwohner niedrig, in Mockau-Süd – in Richtung der eher problematischen Ortsteile Schönefeld-Abtnaundorf, Neustadt-Neuschönefeld, Volkmarsdorf – liegt sie mit 67 Empfängern pro 1000 Einwohner über dem Durchschnitt.“ (aus Stadtteilpass Mockau) sowie „Das Stadtteilzentrum in Mockau besteht aus dem nördlich der Essener Straße gelegenen Mockau-Center (LMC), dem ersten nach 1990 neugebauten Einkaufszentrum der Stadt (Einweihung 1993) und der südlich der Essener Straße gelegenen Postpassage.“ (aus Raumpass Stadtbezirk Nordost)
Nachtrag am 15.11.2013: Heute ist die Mockauer Post Thema in der Leipziger Volkszeitung, wir zitieren: „Zuletzt redete sich die Stadtverwaltung damit heraus, dass sie der Eigentümerin ja nicht vorschreiben könne, was und wann sie in das Gebäude investieren will. Bianca Haubold, Vorstand der Immobiliengesellschaft Blaufalk AG, wäscht ihre Hände unterdessen in Unschuld, sieht den Schwarzen Peter für das jahrelange Verschleppen des Baustarts bei der Leipziger Stadtverwaltung. ‚Wegen unterschiedlicher Auffassungen zur Balkonanlage auf der Rückseite des Gebäudes und zweier Zufahrten mussten wir Klage beim Verwaltungsgericht einreichen‘ … Das … Bauwerk … beherbergte bis 1993 die wichtigste Postfiliale im Nordosten von Leipzig … Das Gerichtsverfahren … bremste alle (Besitzerin Haubold, Pflegedienst Krabbes, Architekt Nauber – G.L.) aus, überließ das Kleinod der Verwitterung.“
Nachtrag am 24.01.2014: Es scheint Bewegung ins Verfahren zu kommen, die LVZ bringt heute einen großen Beitrag mit großem Foto („Bürokratie blockiert Sanierung der alten Mockauer Post“) und weiß, dass Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau Kontakt mit Eigentümerin Bianca Haubold (Blaufalk AG) aufnehmen will, „um einen Kompromiss zu finden“.
Nachtrag am 08.08.2014: Der Kompromiss ist gefunden, die Bürokratie blockiert nicht mehr, informiert die heutige LVZ („Mockauer Post – Baurecht liegt vor“). Allerdings müsse laut Uwe Haubold von der Blaufalk AG nun die Finanzierung neu geklärt werden, ein „Münchner Mitinvestor … sei leider inzwischen verstorben“.
Nachtrag am 22.04.2016: Neue Situation, neuer Eigentümer, neuer Plan. Die LVZ von heute teilt mit, dass die Blaufalk AG raus und Saba Bau drin ist. Das Unternehmen des Hessen Peter Peiter hat die Post gekauft und „andere Vorstellungen“ als die bisherigen Besitzer. Statt betreutem Wohnen soll es nun „moderne und bezahlbare Wohnungen sowie umfangreiche Räumlichkeiten für Gewerbetreibende“ geben. Wir haben gleich mal ein Foto gemacht.
Nachtrag am 23.02.2018: Es ist immer noch nichts Sichtbares passiert.
Nachtrag am 30.03.2020: Die Mockauer Post sieht wieder aus wie geleckt!