Letztes Wochenende waren wir auf dem Brotmarkt in der Stadt, um die Schwedenfahne der Leipziger Bäckerinnung zu sehen. Wir hatten von dem Prunkstück in einem alten Buch gelesen („Geschichte der deutschen Bäcker- und Konditorbewegung“, Hamburg 1910), das wir entweder mal in einem Prager Antiquariat erworben oder aber aus dem Papiercontainer gefischt hatten.
„Wir haben nächst jenen ehrenvoll errungenen Fahnen zu München und Wien noch einer dritten Ehrenfahne zu gedenken, welche die Bäckerinnung von Leipzig einst in den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges vom Schwedenkönig Gustav Adolph geschenkt erhielt“, steht da geschrieben (auch in München und Wien war es um Krieg und Schlachten gegangen).
Weiter lesen wir: „Nach dem Siege bei Breitenfeld* wandte sich Gustav Adolph nach Süddeutschland gegen den Rhein hin und überließ der sächsischen Armee den Einbruch in Böhmen. Auf diesem Marsche fühlte in den letzten Monaten des Jahres 1631 das damals im Würzburgischen, mitten unter feindlich gesinnten Landesbewohnern stehende schwedische Heer sich durch Mangel an Lebensmitteln sehr bedrückt.
In dieser Verlegenheit nun wandte sich Gustav Adolph mit dem Gesuch nach Sachsen, daß man sein Heer von da aus mit den nötigen Lebensmitteln versehen möge. Die sächsische Regierung … erteilte hierzu die nötigen Befehle, und insbesondere wurden nun auch die Bäckermeister von Leipzig aufgefordert, eine bedeutende Brotlieferung für die schwedische Armee zu übernehmen.“
Im Dezember 1631 sollen 63.000 „Stück Brote“ zu den Verbündeten gebracht worden sein. Und zu Beginn des Jahres 1632 ließ der Schwedenkönig den Leipziger Bäckern „in gerechter Anerkennung ihres Verdienstes um sein Heer eine eigene Ehrenfahne … übersenden.“ (…) „Beim Pfingstschießen 1632 zog die Bäckerinnung zu Leipzig zum ersten Male mit der Schwedenfahne festlich auf …
… und noch in neuester Zeit bei hohen Gelegenheiten rauschte das schwere Ehrenpanier lustig in der Luft. Aber nach mehr als zweihundertjähriger Existenz hatte der Zahn der Zeit an diesem schönen Kleinod zu sehr genagt, als daß es noch lange hätte gebraucht werden können.
Da fand sich der König Karl XIV., Johann von Schweden, im Jahre 1842 veranlaßt, den Leipziger Bäckern eine neue, der ursprünglichen Gustav-Adolphs-Fahne möglichst nachgebildete Fahne zu senden. Die aus blauen und gelben Seidenzeugen bestehende Fahne trägt in der Mitte das von zwei Löwen gehaltene schwedische Wappen, unter diesem aber eine Bretzel und die Jahreszahl 1631 mit der Umschrift: ‚Die von Gustav Adolph den Bäckern zu Leipzig gegebene Fahne wurde erneuert von Karl XIV. Johann.'“
Eine interessante Geschichte! Wir wandten uns an die Bäckerinnung mit der Frage, ob es diese zweite Fahne noch gebe, und erhielten von Obermeister Jens Herzog folgende Antwort: „Wir haben die Fahne neu machen lassen … Die Originalfahne ist im Zweiten Weltkrieg verbrannt.“ Ja, und dann ging’s ab auf den Brotmarkt zum Fotografieren!
* siehe auch unseren Beitrag „Gustav Adolf in Breitenfeld“ vom März 2012