Wer sich mit der Geschichte von Leipzig und Umgebung befasst, stößt über kurz oder lang auf Wiprecht von Groitzsch (um 1050 – 1124). Er war der erste bedeutende Feudalherr hierzulande – oder der erste, über den Schriftliches erhalten geblieben ist. Wiprecht gründete das Kloster Pegau und ließ die großen Wälder zwischen Elster und Mulde roden, um der Landwirtschaft den Boden zu bereiten. In die Kämpfe der Kaiser Heinrich IV. und V. war er ewig lang verwickelt, stand dem böhmischen Herzog und späteren König Wratislaw zur Seite, dessen Tochter Judith er heiratete, und wurde von Heinrich V. sogar mit der Markgrafschaft Meißen belehnt, die Konrad von Wettin ihm allerdings streitig machte.
„Wiprecht gehörte zu den tatkräftigen Bahnbrechern des kommenden Aufschwungs, die reifenden Früchte sah er nicht mehr“, schreibt Rudolf Kötzschke im Buch „Heimatgeschichte für Leipzig und den Leipziger Kreis“ (1927). Die Internetseiten der Stadt Groitzsch bringen einen Beitrag des Heimatforschers Albin Jahn, in dem wir noch einmal bestätigend lesen: „Er selbst holte aus Franken, aus der Gegend von Lengefeld, wo seine Mutter in 2. Ehe vermählt war, Scharen deutscher Bauern herbei, ließ sie in dem dichten Urwald zwischen Schnauder und Wyhra und weiterhin bis zur Mulde roden und gab ihnen Land zum erblichen Eigentume.“
Doch die Chronisten nennen ihn auch einen „rauen Kriegsmann“, so berichtet Albin Jahn über Wiprecht von Groitzsch: „Einst hatte er in Erfahrung gebracht, dass seine beiden Todfeinde Egelin und Hageno in Zeitz waren. Da überfiel er die Stadt und tötete Egelin mit 17 Genossen. Hageno suchte mit seinen Leuten Zuflucht in der Basilika der Jakobskirche. Weil sie Wiprecht nicht daraus vertreiben konnte, brannte er die Kirche nieder, fing seine Gegner (und) ließ sie blenden.“ Zur Sühne dieser und anderer Taten, wurde ihm auferlegt, nach Santiago de Compostela zu pilgern und ein Kloster zu stiften, eben das in Pegau, dessen Mönche Aufzeichnungen über ihren Feudalherrn zu Pergament brachten und auf diese Weise für seinen Nachruhm sorgten.
Trotz oftmaliger schriftlicher „Berührung“ mit Wiprecht sind wir bis zum Osterwochenende 2025 noch nie in Groitzsch gewesen, um die Überrreste der Wiprechtsburg zu betrachten. Auf einer Rückfahrt aus dem sonnigen Zeitz – zum Heulen schön, weil so reizvoll und trotzdem leer – holten wir das nun nach und erwischten genau die richtige Jahreszeit. Blühende Bäume und leuchtende Wiesen unterstützten die alte Anlage dabei, uns dauerhaft zu beeindrucken. Wer es uns nachmachen möchte, läuft vom schönen großen Groitzscher Markt aus die Graf-Wiprecht-Straße entlang zur Burgstraße, folgt dieser und ist in wenigen Minuten da.
Übrigens: Nah beieinander liegen in Lindenau die Wiprecht- und die Groitzscher Straße.
siehe auch unsere Beiträge „Zeitreise nach Zeitz“ (Oktober 2021) sowie „Neue Bücher von alten Helden“ (März 2025)