Die Wahrener Kirche liegt heute – trotz des ständig auf der Rittergutsstraße vorbeirollenden Verkehrs – abseits des Geschehens. Wer über etwas Fantasie verfügt, kann sich jedoch vorstellen, wie ihr Turm einst bestimmend über die Landschaft ragte. Rund um das historische Gebäude herrschen Ruhe und Frieden. Die Hügelkuppe, auf der es steht, ist abgeschirmt durch Büsche, Bäume und zwei, drei alte Höfe. Man sieht das Dörfliche noch vor sich, und wird, wenn man den Opferweg hoch läuft, von einem großen Hund angebellt (keine Sorge, das Tier demonstriert seine Wachsamkeit hinter einem Zaun).
Der zweite romantische Aufgang zur Kirche (in der Claußbruchstraße) ist gesperrt und wird von der Pflanzenwelt zurückerobert. Regulär kommt man von der Stahmelner Straße aus heran. Hier ist Platz, was Busreisende offensichtlich für sich entdeckt haben. Sie wechseln an dieser Stelle vom großen Kollektivfahrzeug in ihre kleineren privaten und umgekehrt.
Die Gnadenkirche genannte lädt von April bis Oktober jeden Sonnabend zwischen 14 und 16 Uhr zur Besichtigung ein. Sie gehört zu den ältesten ihrer Art in Leipzig. „Zeugnisse der wechselvollen Baugeschichte von der Romanik bis zum Jugendstil sind bis heute in der Kirche zu finden“, erklärt ein Aushang. Das Buch „Leipzig und seine Kirchen“ bestätigt das und schreibt von einer geglückten Zusammenführung der Elemente aus verschiedenen Epochen.
Auf einer Informationstafel führt der Kirchenvorstand unter anderem aus: „Keramikfunde belegen, daß die hier in die Aue der Weißen Elster hineinreichende Erhebung schon während der jüngeren Bronzezeit vor etwa 3000 Jahren bewohnt war … Aus dem Februar 1004 datiert die Ersterwähnung des Ortes. Damals urkundete König Heinrich II. auf dem befestigten Hof Vuarim“ (= Wahren).*
Hinter der Kirche stehen drei Glocken im Freien, ein ungewöhnliches Bild. Wir lesen von Gott, Ewigkeit und Apolda, der alten Glockengießerstadt, sowie auf einem Stein: „Die Eisenhartgußglocken der Gnadenkirche 1919 – 2012“. Außerdem interessant: Bis 8. September wird in der Gnadenkirche eine Ausstellung alter Fotografien von Wahren und Stahmeln gezeigt (ebenfalls sonnabends).
Und: Am Abend des 29. Juni stellt das Ensemble Nimmersêlich „Liebe und Leid in der Musik der Gotik“ vor. Die Leipziger schreiben dazu auf ihrer Internetseite www.nimmerselich.de: „Premiere unser neues Programm ‚Las, aimi!‘ – Liebe und Leid in Liedern des ausgehenden Mittelalters. Das Konzert findet in Leipzigs ältester Kirche statt – mit anschließendem Umtrunk im Kirchgarten.“ Wenn das die Theklaer hören! Die halten ihr Gotteshaus ebenfalls für Leipzigs ältestes … (siehe unseren Beitrag „Die Kirche in Thekla“, Dezember 2012).
* Ausführliches zu Bau und Geschichte sowie auch zu den Glocken: www.glocke-leipzig.de