Im Oktober 2012 radelten wir schon einmal fotografierend durch die Zweinaundorfer Straße. Damals war die Fahrbahn zum Teil gesperrt, ansonsten hat sich nicht viel geändert. Die Stimmung ist und bleibt ländlich-gemütlich (wenn man so positiv denkt wie wir). Es muss allerdings Zeiten gegeben haben, in denen hier mehr Trubel herrschte. Verlassene Ladenlokale deuten darauf hin.
An einem solchen in der Wichernstraße steht beispielsweise „Kürschner-Werkstatt“. Das stammt aus der inzwischen fast vergessenen Zeit, in der Leipzig als Pelz-Metropole galt (in der Eutritzscher Straße gibt’s noch einen Kürschner). Auf den Schriftzug „Kürschner-Werkstatt“ wurde später „FRISEUR“ gepinselt. Heute kann man beides kaum erkennen, weil sich die Buchstaben überlagern.
An einem Geschäft in der Zweinaundorfer lesen wir in schönen Lettern „Süßwaren, Kaffee, Spirituosen“, und wir glauben, in unserer Kindheit an der Hand von Oma und Opa hier mal etwas zu naschen bekommen zu haben. Der Weg führte uns damals entweder zum Ostfriedhof oder in den Garten (am Bahndamm, hinter dem der Stünzer Park liegt). Der Kleingartenverein Reichsbahn Anger e.V. war’s nicht, doch dessen Schild fetzt einfach. (Oma und Opa hatten ihren Garten – mit Stachelbeeren, Äpfeln und gelben Pflaumen – in der Rosenaue.)
Nachtrag I: Zur abgebildeten Villa von Karl Krause siehe auch unseren Beitrag „Ab in die Gartenkneipen VII“ (Oktober 2014).
Nachtrag II: Unser Leser und Tippgeber Julius weist darauf hin, dass die Zweinaundorfer Straße in Clemens Meyers Roman „Als wir träumten“ vorkommt, u.a. speziell die Nummer 74. Der im Buch behandelte Eastside-Club befand sich an dieser Stelle und wurde später abgerissen, jetzt steht dort eine Tankstelle.