Gleise, auf denen kein Zug mehr fährt, Bahnhofsgebäude, auf denen kein Mensch zu sehen ist, weder Fahrgäste noch Beschäftigte, versetzen dafür empfängliche Seelen in sentimentale Stimmung. (Von Schrankenwärtern in ihren Häuschen mit Blumenbeeten davor ganz zu schweigen.) Man läuft herum, guckt herum und hängt seinen Gedanken nach. Wir waren nicht zum ersten Mal in Wahren.
In Plagwitz ebenfalls. Dort tut sich ja wenigstens was, wird Bahngelände in öffentliches Grün umgewandelt, herrscht eine gewisse Lebendigkeit. Die neue Nutzung wird in Angriff genommen, Zuversicht, Aktivität und Optimismus sind zu erleben. Der Bahnhof an sich wurde zwar, wie heute üblich, abgetrennt von der Bahn, steht aber zumindest nicht leer und verfällt (siehe unseren Beitrag „Verlassene Bahnhöfe II“ im Ordner März 2012).
Die LVZ vom 22./23.02.2014 bringt gleich zwei interessante Aspekte in Sachen Verlassene Bahnhöfe. Zum einen den Fakt, dass in den letzten 20 Jahren 160 sächsische Bahnhöfe von Bahn- in Privatbesitz übergegangen sind (das ist ein massiver Abbau öffentlicher Infrastruktur – wir hören und lesen immer von einem Ausbau). Zum anderen beschäftigt sich die hiesige Tageszeitung recht ausführlich mit defekten Aufzügen an den ziemlich neuen S-Bahnhöfen (besser: Haltepunkten) in Leutzsch und Möckern und findet heraus, dass die Bahn keinen Termin für deren Reparatur oder Instandsetzung nennen kann.
Schuld trügen – laut Bahn – Vandalen. Solche in ihrer „Tätigkeit“ zu behindern, wäre ja normalerweise Aufgabe der Polizei. Die aber wird seit Jahren in der Zahl ihrer Mitglieder bzw. Mitarbeiter verringert. Reviere, Dienststellen werden geschlossen (außer in Connewitz). Warum? Regiert hierzulande nicht die einst als Law-and-Order-Partei geltende CDU? In Dresden und in Berlin?
Verlassene Bahnhöfe, aufgegebene Polizeireviere. Auch Postämter sind Exoten geworden und Rathäuser früher selbständiger Gemeinden zu Außenposten degradiert oder ganz geschlossen. Was ist das Ziel dieser Maßnahmen? Sparen? Wenn ja, waren erstens das deutsche Kaiserreich, die Weimarer Republik und die DDR reicher als die heutige Bundesrepublik? Und zweitens: Wird das Sparziel erreicht?
Gleichzeitig steckt die öffentliche Hand Unsummen in den Leipziger Tunnel und den Schkeuditzer Flughafen. Gilt parallel dazu: Eine S-Bahn ohne Bahnhöfe? Luftpost statt Bahnpost? LKWs und Kleintransporter statt Eisenbahn-Waggons? Güterbahnhöfe haben ihre Bedeutung verloren, der Slogan „Von der Straße auf die Schiene“ ist in Vergessenheit geraten. Hat die LKW-Maut Anteil daran? Keine Ahnung.
Wir spazierten gedankenversunken in Plagwitz und Wahren umher – der Plagwitzer Güterbahnhof wird geplante Grünfläche („BürgerBahnhof“, „GleisGrünZug“), in Wahren kehrt die Natur in Form von Wildnis zurück. Als Lindenthal-Wahrener Grassteppe ist sie bereits Realität.