Letzten Sonntag erst besuchten wir das Café Moccika in der Garage Ost (Eigenbeschreibung: „Eventlocation im Herzen vom Leipziger Osten. Bis zu 199 Gäste finden in unseren 350 m2 platz. Wir haben eine schöne große Bar und sehr hohe Decken. Es ist ein altes, schönes Backsteingebäude aus dem Jahr 1870. Wir haben schon viel tolle Events gehostet und immer einen sehr guten Vibe in der Location erlebt. Von Theater bis Konzerten über Workshoptage und Flohmarkt etc. ist unsere Location vielseitig nutzbar.“). Wir fühlten uns ein paar Jahre zurückversetzt, als wären wir in den Four Rooms im Täubchenweg. Sehr schön, sehr freundlich.
Das markante Gebäude hatten wir bereits in den 1980er Jahren fotografiert, als an der Fassade noch von Karl Wirth zu lesen war, dann 2021 und schließlich jetzt. Toll, dass es wieder genutzt wird und wir es sonntags als Café besuchen können, ansonsten von Mittwoch bis Sonnabend als Bar und Veranstaltungsort. Am 23. März 2024 zum Beispiel wird hier die Record-Release-Party des Albums „Volksgarten“* gefeiert, von dk.dando, die im YouTube-Video zu „Weinbrandpralinen“ durch Grünau, Schönefeld oder Mockau brausen und schließlich an einem echten Tagebau landen.
In einem Kapitel des opulent ausgestatteten Buches „Leipzig Automobil – Geschichte, Geschäfte und Leidenschaft“ (Passage Verlag, 2020) beschäftigt sich Enrico Ruge-Hochmuth ausführlich mit der Firma Karl Wirth, die kurz nach der vorletzten Jahrhundertwende von einem gebürtigen Volkmarsdorfer gegründet worden war. Friedrich Wilhelm Karl Wirth agierte nacheinander in der Mencke-, der Balzac-**, der Gottsched- und der Chopinstraße** und zeigte seine Kraftwagen außerdem ab 1935 im Erdgeschoss des Europahauses am Augustusplatz.
Die zugehörige Reparaturwerkstatt betrieb der Autohändler erst in der Langen Straße und schließlich ab 1928 in der Konradstraße (Ecke Hermann-Liebmann-Straße**). Wirths „alte Wagenhalle“ ist nunmehr die Garage Ost, der Rest der Werkstatt war 1943 bei Luftangriffen „fast vollständig zerstört“ worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte es zwar mit dem Unternehmen weitergehen, allerdings unter immer schwierigeren Bedingungen. Ab 1967 vermietete Wirths Sohn Albin Walter Karl „einen Großteil des Grundstücks in der Konradstraße“ an den VEB Maschinenhandel und 1979 endete mit dem Tod dieses Sohnes der Wirthsche Geschäftsbetrieb.
siehe auch unseren Beitrag „Alte Werbung VII“ (Januar 2021)
* es gibt einen gleichnamigen Park an der Torgauer Straße
** heutige Namen