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Monte Carlo und Karl Tauchnitz

Monte Carlo und Karl Tauchnitz

Nach dem Bade- und Casino-Flecken Monte Carlo am Mittelmeer ist ein Haus in Kleinzschocher (zumindest im Volksmund) benannt, nach dem Verleger Karl Tauchnitz eine bekannte Straße im Zentrum. In der Windorfer Straße führen wir Carlo und Karl zusammen. Kurz vor der Alfred-Rosch-Kampfbahn nämlich stehen sich die Villa Leonhard (das Monte-Carlo-Haus) und die Villa Tauchnitz gegenüber. Bei ersterer strahlt die Fassade, bei zweiterer im Augenblick lediglich das Zu-verkaufen-Schild der LWB.

Welche Informationen finden sich? Auf www.kleinzschocher.info Folgendes: „Die Villa wird durch den Verleger Carl Tauchnitz erbaut. In der Zeit der DDR werden die opulente Innenausstattung und die aufwändige Treppenkonstruktion zerstört. Vorderseite und Rückfront zeigen zwei unterschiedliche Architekturstile und Bauphasen. Türschilder belegen die letzte Nutzung als Geschäftstelle Südwest der stadteigenen LWB.“

Das Quartiersmanagement Leipziger Westen (qm.leipzigerwesten.de) schreibt auf seinem Flyer Kleinzschocher über die Villa Tauchnitz: „Unter dem Leipziger Buchhändler und Rittergutsbesitzer zu Kleinzschocher Ch. Bernhard von Tauchnitz wurde 1874 diese Villa auf einem parkähnlichen Gelände errichtet. Heute ist von der denkmalwürdigen Hülle nicht mehr viel vorhanden.“

Und auf der Verkaufsplattform www.immobilienscout24.de erfahren wir über die Windorfer Straße 55, dass die Villa (Tauchnitz) renovierungsbedürftig ist, 1.200.000 Euro kosten soll, über 23 Zimmer und eine Wohnfläche von circa 1.013 Quadratmetern verfügt sowie über eine Grundstücksfläche von circa 6.602 Quadratmetern. Außerdem steht in der Objektbeschreibung: „frei stehende teils dreigeschossige Villa und freistehende zweigeschossige Remise, 1896 in traditioneller Bauweise errichtet, 1936/37 Umbau des Dachgeschosses erfolgt“.

Sabine Knopf wiederum schreibt in „Buchstadt Leipzig – Der historische Reiseführer“ über die von Tauchnitz: „Die Familie besaß noch eine 1872/73 von Constantin Lipsius erbaute Villa in der Windorfer Straße 55 im Burgenstil, die sich erhalten hat und saniert wird.“

Über die Villa Leonhard gibt’s weniger zu lesen: „Sie wurde 1903 erbaut. Der auffällige Baustil entspricht einem bereits vorhandenen Bauwerk am Meeresstrand Monte Carlos und passte eigentlich nicht in die damalige dörfliche Bebauung“, weiß der erwähnte Flyer des Quartiersmanagements Leipziger Westen zu berichten.

Und Wikipedia führt unter dem Stichwort Kleinzschocher aus: „Vorerst äußerlich strahlt die Leonhardsche Villa in neuem Glanz. Der Erbauer war so begeistert von den Villen am Meeresstrand von Monte Carlo, dass er 1903 ein Ebenbild in Kleinzschocher errichtet hat.“

Eine engagierte Anwohnerin, die das Innere des Monte-Carlo-Hauses in Augenschein genommen hat, meint über die :Windorfer Straße 104: „Hier müsste schnellstens die Denkmalpflege eingreifen, damit nicht die wertvollen Fliesen, schmiedeeisernen Geländer, Leuchter, Eingangstüren und Holzvertäfelungen abgebaut werden. Diese Zeitzeugen haben den Krieg überstanden, die DDR-Zeit, und jetzt geht alles den Bach runter …“ Hoffen wir’s nicht!

siehe auch unseren Beitrag „Kleinzschochersche Erinnerungen“ (März 2014)

Nachtrag im Oktober 2024: Nach einem Vortragsabend mit Frank Baacke im Lindenauer Kirchencafé wissen wir, dass es zwei Buchverlage namens Tauchnitz in Leipzig gab. Den älteren hatte Carl Christoph Traugott Tauchnitz 1798 gegründet, er wurde später von seinem Sohn Carl Christian Philipp Tauchnitz, dem „Menschenfreund“, nach dem die Karl-Tauchnitz-Straße benannt ist, weitergeführt.

Der Neffe des ersten Carl Tauchnitz, Christian Bernhard (von) Tauchnitz, begann seine Verlagstätigkeit im Jahr 1837 – und er ließ die Villa in der Windorfer Straße bauen. Auch hier führte der Sohn nach dem Tod des Vaters die Geschäfte weiter, der Sohn hieß in diesem Falle Christian Karl Bernhard von Tauchnitz.