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Sgraffiti in Taucha

Sgraffiti in Taucha

Nach den Kindern aus der Knöflerstraße* und den vier Jahreszeiten von Sellerhausen** kommen hier Sgraffiti aus Taucha. Tobias hatte uns den Tipp gegeben und uns in die Karl-Marx-Straße unserer nordöstlichen Nachbarstadt geschickt. Der Reigen großformatiger Wandbilder beginnt jedoch schon in der Leipziger Straße. Berufe, Klassen bzw. nach der Art ihrer Arbeit geordnete Bevölkerungsgruppen sind dort dargestellt: Ein Förster oder Jäger mit Pfeife, Flinte, Stock und Dackel (Forstwirtschaft), ein Ingenieur oder Planer mit Dreieck, Zirkel und Kittel am Zeichentisch (Intelligenz), ein hammerschwingender Schmied (Arbeiterklasse, Handwerk, Industrie) und eine Wasser- oder Milcheimer tragende Bäuerin (Landwirtschaft).

Nun biegen wir wie empfohlen in die Karl-Marx-Straße ein und erblicken schön sanierte Häuser mit vielen, vielen Bildern – Märchen, Tiere, Idyllen. Der Fuchs, welcher soeben die Gans stiehlt, ist vertreten, das Rotkäppchen mit Verpflegungskorb, Blumenstrauß und Gevatter Wolf ebenso und auch der Hans im Glück bzw. vielleicht die goldene Gans. Weiterhin zieren Hahn und Henne die Gebäude, ein Storch mit Nachwuchs sowie ein Truthahn vor einem Ährenbündel.

In der Friedrich-Engels-Straße treffen wir auf Großmutter und Großvater, sie klöppelt und er liest der kleinen Enkelin etwas vor. Währenddessen hat sich deren großer Bruder in den nahen Wald verdrückt, wohl um auf der Flöte unanständige Lieder zu spielen, so wie seine Wange leuchtet. Zwei weitere Jungs sind unter den Bäumen unterwegs, einer mit Hund, der andere mit einem Schaf.

Doch damit nicht genug! In der Ferdinand-Lassalle-Straße stoßen wir unerwartet auf Cowboy und Indianer. Hat das mit den Tauchaer Mandan zu tun? Gab es die zur Entstehungszeit der Bauten bereits? Wir vermuten diesbezüglich die 1930er Jahre, es könnten aber genauso gut die 1950er gewesen sein (siehe Nachtrag 1). Einige Meter weiter in Richtung Leipziger Straße wird’s dann wieder konventionell mit Landmann, Landfrau und noch einmal Hahn und Henne.

Der gesamte Wohnkomplex gefällt uns ausgesprochen gut, die zu 90 Prozent sanierten Häuser verfügen über zwei bzw. drei Etagen, massive Balkons, in die Keller eingefügte Garagen und großzügige grüne Höfe. Leider scheint der Urheber der Sgraffiti-Bilder unbekannt zu sein (siehe Nachtrag 2), eine informative Inschrift unter dem Fuchs legt das nahe, nennt dafür jedoch die Erneuerer  – R. Staedter und S. Gottwald – sowie das Anfangsjahr der Sanierung: 2012. Herzlichen Dank an Tobias!

Nachtrag 1: Roger informierte uns, dass es sich hierbei um die Zwicksche Siedlung handelt. Mit diesem Wissen gelangten wir auf die Internetseite von Wohnen in Taucha (www.wota-online.de), auf der wir von einem „zwischen 1930-40 entstandenen Wohngebiet“ lesen können. Danke, Roger!

Nachtrag 2: Roger kennt außerdem die Namen der Künstler, er schrieb: „… die Bilder von Rudolf Ölzner und Rudolf Schnabel sollten … Bezug zu den Herkunftsgebieten der neuen Bewohner haben. Diese waren im Rahmen der Ansiedlung der MIMO und der ERLA aus dem Erzgebirge (von Firma Horch und Firma DKW) gekommen.“ Noch einmal herzlichen Dank!

* siehe unseren Beitrag „Die Kinder aus der Knöflerstraße“ (Oktober 2022)
** siehe unseren Beitrag „Vier Jahreszeiten in Sellerhausen“ (März 2023)