(A.H.) Vom späten 19. bis zum mittleren 20. Jahrhundert erreichte die Anzahl der Gaststätten in Leipzig eine Summe, die es zuvor und danach nie gab. Da mussten sich die Wirte schon was einfallen lassen, um die Kundschaft in ihre Etablissements zu locken, wie etwa eine originelle Bezeichnung der Lokalität. Allerdings sei auch erwähnt, dass sehr viele Restaurants vor der vorletzten Jahrhundertwende nach ihren Inhabern benannt waren und keine Eigennamen führten.
„Zur Abendröthe“ in der Arndtstraße 36 versprach ab etwa 1909 nicht nur einen prächtigen Sonnenuntergang, sondern garantierte nach reichlicher Einnahme der angebotenen Biere auch eine entsprechende Gesichtsfarbe. Dazu standen Lagerbier oder Pilsner von Riebeck, Bayerisches Bier, Döllnitzer Rittergutsgose und Berliner Weisse bereit. Bevor Paul Lechner den Abend rot färben ließ, nannte sich die Eckkneipe schlicht Restaurant & Café Karl Glaubig. Später wurde aus der „Abendröthe“ die Gastwirtschaft „Zum weißen Rössel“, welche die ganze DDR-Zeit hindurch in Betrieb war.
Um 1898/1899 wachte der „Berggeist Rübezahl“ aus dem Riesengebirge über die Bierkrüge am Johannisplatz 18. Später hieß der Laden „Klemme“, ob der Wirt in einer solchen steckte, ist nicht bekannt. Einige Jahre später sprudelte da eine „Riebeck-Quelle“, die sich aber von den Wunden aus dem ersten Weltkrieg nicht erholen konnte und um 1919 versiegte. Heute steht an dieser Stelle ein 1936 errichteter Neubau.
Eduard Streubel nannte 1914 seine Kneipe in der Sellerhäuser Edlichstraße 9 „Zum Chemtzer Ede“. Möglicherweise hatte es den den Wirt von Chemnitz nach Leipzig verschlagen. Die nachfolgende Benennung „Kämpfer Ede“ lässt Raum für Spekulationen. Vielleicht musste Eduard um Gäste ringen, vermutlich aber eher um die Begleichung der Zeche. Nach 1918 wurden die Zapfhähne geschlossen, das Haus überlebte zwar noch die DDR, nicht aber den nach 1990 einsetzenden Abbruchhammer.
Wer war der „Dicke Wilhelm“? Herr Germer hatte 1906 nebst Gattin ein alteingesessenes Wirtshaus übernommen. Das befand sich in der Sebastian-Bach-Straße 21 in der Westvorstadt. Es wurde später als „Albertpark“ weitergeführt und Ende der 1930er Jahre geschlossen. Die einstige Leibesfülle von Wilhelm bleibt bis heute ein ungelüftetes Geheimnis. Betrachtet man hingegen die Breite der Türöffnungen im sanierten Haus, muss der selbsternannte Hopfen-Obelix eine schmale Gestalt gewesen sein.
Auch beständig leuchtende Lichtquellen erlöschen irgendwann einmal. So erging es zwei Einrichtungen der Gastronomie im Brühl 63 und in der Grenzstraße 19. Lina Bürk wählte die Dauerlichtbezeichnung „Zum ewigen Lämpchen“ für ihr kleines Hotel am Brühl, um womöglich auf die Kontinuität ihres gastronomischen Schaffens aufmerksam zu machen. Aber nur für kurze Zeit, das Haus empfing dann als Hotel „Brühlscher Hof“ und Bürks Hotel bis in die 1940er Jahre seine Gäste. Leider wurde es 1943 zerbombt.
In der Leipziger Ostvorstadt glimmte der Kneipenkandelaber hingegen deutlich länger. Schon 1869 kämpfte Wilhelm Harzendorf im Eckhaus Grenzstraße 19 erfolgreich gegen den Durst der Nachbarschaft an. Sein Nachfolger hatte schließlich eine Erleuchtung in Bezug auf die zu schlicht gewählte Geschäftsbezeichnung und benannte seine Frühstücksstube und Destillation Curt Grumpelt 1903 in „Zur ewigen Lampe“ um. Die wurde aber im Laufe der Zeit in „Ewiges Lämpchen“ verniedlicht, um nach 1950 gänzlich zu verlöschen. Auch dieses Haus fiel später dem Abbruch zum Opfer. Und aus den später aufgestellten Paketboxen auf der Brache konnte weder ein Helles noch eine Bockwurst entnommen werden.
Ein brauereifreudiges Trinkgebaren legte man in Anger-Crottendorf an den Tag, hier ging es gleich um große Gläser. Der Hopfensalon in der Weißenburgstraße 6 trug zwischen 1895 und 1898 die Bezeichnung „Zum halben Liter“. Im Angebot waren neben Lagerbier aus Krostitz auch Kulmbacher und Gloria-Gose. Ab 1899 wurden die durstigen Kehlen in der „Stadt Weissenburg“ befüllt. Deren Stadttore wurden schon 1922 geschlossen, die Weißenburgstraße heißt heute Herrnhuter Straße.
In Plagwitz hatte man ein „Henkeltöpfchen“ zur Hand, um sich frisch gezapftes Bier nach Hause zu holen. Das war auch Johann Glock bekannt, er betitelte sein Bierhaus in der Erdmannstraße 5 zwischen 1908 und 1912 entsprechend. Ende der 1910er Jahre wurde sich aus der Deckung heraus zugeprostet, passend zum Zeitgeist saß man im „Schützengraben“. Nach mehrmaligem Namenswechsel endete die Gastronomie um 1933 mit der passenden Bezeichnung „Erdmanns Ruhe“. Über 70 Jahre später trat das Haus ebenfalls in den Ruhestand und ließ sich abreißen.
Die einstige Vergnügungszone Windmühlenstraße wartete unter anderem mit einem „Hexenkeller“ auf. Der befand sich im „Weißen Hirsch“, einem 1898 errichteten Neubau auf den Grundstücken Windmühlenstraße 8, 10 und 12. In dem Haus befand sich im Obergeschoss eine bis 22 Uhr geöffnete, 700 Quadratmeter große Radfahrbahn, die mit einem elektrischen Aufzug zu erreichen war. Fahrradhändler Franz Seiffert nutzte sie als Winterfahrbahn und Lernhalle. Gastronomisch flankiert wurden die Velozipedisten mit einem Café nebst Billardsaal, einer eleganten Conditorei, dem Restaurant „Jägerheim“, der Stehbierhalle „Bediene Dich selbst“ und besagtem „Hexenkeller“. Das Haus wurde 1943 schwer beschädigt und später abgerissen.
Wenn draußen eine Hundekälte herrschte, führte der Weg schnurstracks in eine Restauration gleichen Namens, um sich in den hoffentlich geheizten Räumlichkeiten vorgenannter Kühle zu entziehen. Das war in der Delitzscher Straße 166 in Eutritzsch machbar, die hier ansässige Schankwirtschaft führte die Bezeichnung „Zur Hundekälte“ zwischen 1890 und 1949. Das Bierangebot wechselte mit den Jahren. Einheimisches Bockbier aus der Eutritzscher Brauerei Julius Pottkämper wurde Anfang der 1890er Jahren kredenzt. Aber schon 1897 warb der Wirt mit der zusätzlichen Bezeichnung „Crostitzer Bierstube“. Dieses Bier gab es bis Ende der 1910er Jahre. Schultheiß-Patzenhofer aus Berlin oder Dessau guckte schließlich in den 1930er und 40er Jahren aus den Gläsern.
Anfang der 1930er konnte man in der Antonstraße 8 hinter dem Rabensteinplatz in einen „Kleiderschrank“ gehen. Aber natürlich nicht, um sich da einzukleiden, sondern kleidsam und kultiviert einen zu heben, gern mit Begleitung. 1935 war damit Schluss, der Schrank schloss seine Türen und verwandelte sich 1943 in Feuerholz. Die Straße gibt es heute auch nicht mehr, sie hieß zu DDR-Zeiten Kirchhoffstraße und wurde in den 1980er Jahren überbaut.
Mit Sicherheit war ein festes, aber elastisches Stützgewebe aus Knorpelzellen vonnöten, um in aufrechter Körperhaltung nach reichlich Biergenuss seinen Platz am Tresen in der „Knorpelschänke“ zu behaupten. Sie befand sich in der einst mit bis zu neun Lokalen reichlich gesegneten Arndtstraße im Eckhaus Nummer 32. Die gastronomische Karriere der Gemäuer begann 1876 mit Hänsel’s Restaurant und endete als „Nasse Ecke“ etwa 1949. Dabei auf einen Wasserschaden zu mutmaßen, wäre unangebracht, vielmehr sollte dem Gast wohl ein steter Strahl aus dem Zapfhahn suggeriert werden. Der erste Eckennässer war 1906 Ludwig Wagner, nachdem es sich beim vorherigen Wirt Paul Walburg ausgeknorpelt hatte.
Ein diskret auftretender Wirt war im Februar 1896 im Brühl 11 tätig, um das Exportbier der Brauerei Carl Petz aus Kulmbach zu preisen. Dafür wählte er die Bezeichnung „Culmbacher Bierstube zum Luftdichten“. Warum der Gastronom sich so bezeichnete, war nicht zu ermitteln. Möglich wäre eine metaphorische Verwendung von „luftdicht“: anvertraute Interna dringen nicht nach außen. Vielleicht hatte der Kneipier aber auch Ambitionen für lyrische Ballonfahrerei und wollte seinen Gästen in der Luft was dichten. Zuvor und danach war im Brühl 11 das „Schwarze Rad“ zu finden, benannt nach einem alten Gasthof aus dem 17. Jahrhundert. Ab 1900 sollte ein „Goldenes Hufeisen“ für Glück und gute Laune unter den Zechbrüdern sorgen. Leider endete auch die Geschichte dieses Hauses im Bombenhagel 1943.
Ein „Mutiger Ritter“ fand sich in Reudnitz. Er herrschte ab 1904 über die Tafeln der örtlichen Mägde und Knappen in der Oststraße 14, einem Eckhaus zur Hohenzollernstraße, die sich heute Volckmarstraße nennt. Nach über 50 Jahren hatte 1957 die mutige Zecherei im ritterlichen Gewand ein Ende, das Eckrestaurant wurde verstaatlicht und in Reudnitzer Bierstuben umgelabelt.
Wer auf Tuchfühlung im Gewimmel setzte und Körpernähe mochte, ließ sich gerne quetschen. Dafür gab es zwei Möglichkeiten. Eine befand sich in der Frankfurter Straße 27, der heutigen Jahnallee. Da war das in der „Quetsche“ bis 1949 möglich. Eine weitaus frühere Gelegenheit für gedrängtes Miteinander bestand in der Seeburgstraße 70. Die dortige „Quetsche“ war seit 1899 und bis mindestens 1943 in Betrieb. Um 1901 berauschten sich die Gäste vom Quetsche-Wirt Edwin Fischer am Lagerbier der Brauerei F.A. Ulrich aus der Windmühlenstraße. Daneben gab es noch bayrisches Bier und Gose.
Zwischen 1930 und 1943 existierte im Naundörfchen 9 die Gaststätte „Zum Radi-Seppl“. Wer hinter der Person steckt, ist nicht ganz klar, vielleicht Hugo Wacker selbst, der seit 1935 den Hut hinterm Tresen aufhatte. Auf einer Werbepostkarte seppelte der Radi nicht, sondern dichtete: „Wenn Du dich geärgert hast, / nach Deiner Arbeit Müh‘ und Last, / so eile schnell mit frohem Sinn, / ins Naundörfchen zum Seppl hin.“ Hinzuzufügen wäre dann noch: „Da trink ein gutes Riebeck-Bier, / der Seppl tut das raten Dir.“ Damit wäre die ausschenkende Brauerei auch mit erwähnt. Zuvor befand sich im Gebäude bis Mitte der 1920er Jahre das städtische Zentralbad. Eine Schankstube gleichen Namens übernahm 1929 Alwine Wacker, sie erfand vermutlich die Figur des „Radi-Seppl“. Leider wurde das gesamte Naundörfchen am Ranstädter Steinweg 1943 bis auf ein Gebäude zerstört.
Um 1905/06 ging es in der Südvorstadt in einer Schänke heiß her. Die Kundschaft der Vergnügungsstätte von Paul Schiemenz in der Sophienstraße 39a taufte daher dessen Bierwirtschaft kurzerhand in „Scharfe Ecke“ um. Es ist heute rätselhaft, was wohl die Schärfe beim Publikum hervorrief. Vielleicht ein würziger Imbiss in der Frühstücksstube oder aber einige reizvolle Damen der Abendunterhaltung. Und hoffentlich kein fragwürdiges Odeur aus dem Auditorium. Hierzu schweigen die Quellen. Das Eckhaus zur Bayrischen Straße wurde 1943 zerstört. Die Sophienstraße heißt heute Shakespearestraße und die Bayrische Straße wurde zur Arthur-Hoffmann-Straße.
In Gohlis gab es in der Georgstraße 25 eine Gaststube, die seit ewigen Zeiten „Mönchshof“ hieß. Wahrscheinlich in Anlehnung an das damals sehr beliebte Kulmbacher Bier, das in den wenigsten Kneipe fehlen durfte. Von 1893 bis 1949 hatte diese Bezeichnung Bestand. Ein Jahr später wurde daraus „Zur schiefen Laterne“. Da die Gohliser auf den korrekten Stand ihrer gasbetriebenen Straßenlampions großen Wert legten, beschreibt der Name dieses Schankbetriebs eher die Auswirkungen der Pupillenreaktion nach übermäßigen Alkoholkonsum. Die Signalübertragung zwischen Auge und Gehirn verlangsamt sich und dann steht die Laterne schief, wenn man aus der Gaststube torkelt. Der Wirt hatte gewarnt. Geleuchtet wurde bis nach 1955, dann verlosch auch diese Flamme froher Heiterkeit im grauen Alltag der Häuserschluchten. Die Georgstraße heißt heute Natonekstraße.
Das „Siebenhühnerhaus“ in der Sidonienstraße 7 bestand von etwa 1909 bis 1914. Über die Herkunft des Namens ist nichts bekannt. Bis 1908 residierte im Haus das Lokal „Zum Wallenstein“, ab 1916 der Merseburger Hof. Nirgends lässt sich ein Bezug zu sieben Hühnern herstellen. Allenfalls taucht die Zahl sieben noch in der Hausnummer auf. Auch hatte der Inhaber vermutlich nicht sieben Töchter, die früher schon mal als „Hühner“ betitelt wurden. Hier darf sich die geneigte Leserschaft analytisch beteiligen. Die Sidonienstraße kennt man übrigens heute als Paul-Gruner-Straße.
Im Preußergäßchen 7 lockte von 1929 bis 1943 der „Trichter“ so manch dubiose Kundschaft an. Die kleine Amüsiermeile in der Innenstadt verlor mit dem Abbruch der Südseite für den Neubau vom Kaufhaus Theodor Althoff im Jahr 1914 die Hälfte ihrer Anziehungskraft. Seitdem standen nur noch die Häuser 7 und 11 auf der Nordseite für die Standhaftigkeit der Zeitgenossen zur Verfügung. Diese Hausreihe wurde allerdings 1943 Opfer abtörnender Wurfgeschosse, das Preußergäßchen war nun wollüstig auf Dauer nicht mehr zu gebrauchen. Fritz Löser kam daraufhin auf den Trichter, selbigen in der Sternwartenstraße 53 zu etablieren. Dort wirkte vorher Alfred Faust mit seinem Restaurationsbetrieb „Zum Fäustchen“, wie passend. Den „Trichter“ gab es bis nach 1955. Was oben rein ging und dann unten rauskam, darüber schweigt des Sängers Höflichkeit bis heute.
Der „Wassergott“ sei hier auch noch erwähnt, ein toller Name für dieses idyllisch gelegene Pfahlbau-Restaurant an der Pleiße unweit vom Probsteisteg. Im Web gibt es dazu viel Bildmaterial und sogar einen Wikipedia Eintrag. Zu empfehlen sind allerdings diese lesenswerten Artikel von Katrin zur Geschichte des Ausflugslokals, umrahmt mit schönem Bildmaterial: „Neu-Helgoland an der Pleiße“ und „Neues vom Wassergott“, Teil 1 und 2, im Blog Leipzig Love.
Von etwa 1912 bis 1920 existierte in der Turnerstraße 27, einem Eckhaus zur Liebigstraße, die Bierschänke „Zum Zwilling“. Über den Grund der Bezeichnung ist nichts weiter bekannt. Womöglich sah man nach dem Verlassen der Trinkhalle alles doppelt, wer weiß. Oder der Wirt Paul Kernke hatte einen Doppelgänger, was für reichlich Spaß am Tresen gesorgt hätte. Den „Zwilling“ beerbte im Anschluss die „Union-Diele“, auch Bier- und Weinhaus Union genannt. Sie hielt sich bis zur Zerstörung des Gebäudes 1943. Vor 1912 bewirtete das Restaurant und Speisewirtschaft Friedrich Grollopp Gäste in dem Haus.
Viele Restaurantbetreiber setzten bei der Namensfindung allerdings auf Bewährtes. Daher ist es nicht verwunderlich, dass so manche Kneipenbezeichnung in fast jedem Stadtteil zu finden war. Sehr beliebt waren auch Kombinationen aus den Wörtern „Gold“, „Stadt“, „Deutsch“, „Kulmbach“, „Bayrisch“ und „Sächsisch“. Nicht zu vergessen die vielen „Gasthöfe“. So gab es im zu Beginn des Artikels erwähnten Zeitraum über hundert Ausschankstätten, die nach einer Stadt benannt waren. Angefangen von der „Stadt Altenburg“ über Eger, Gera, Hof, London, Metz, Prag, Rom bis hin zur „Stadt Zwickau“, es wurde verwendet, was die Landkarte hergab.
Noch mehr Betreiber vergoldeten ihre Wirtshäuser, hiervon sind sogar über 130 Bezeichnungen nachweisbar, vom „Goldadler“, der „Goldenen 11“ und „Goldenen Spinne“, über den „Goldenen Winkelhaken“ bis hin zum „Goldtröpfchen“ – alles, was glänzen konnte, war gefragt. Am häufigsten kehrte man in Leipzig jedoch in die „Börse“, „Gute Quelle“, „Gambrinus“ oder „Erholung“ ein, wobei letztere Bezeichnung mit Abstand am meisten verwendet wurde. So war es an jeweils fast 30 verschiedenen Standorten möglich, den Inhalts der Börse dem Gambrinus auszuhändigen, um dann Erholung an einer guten Quelle zu finden.
Herzlichen Dank, Andreas!
Welche schönen und ungewöhnlichen Kneipennamen gibt es heute? Uns fallen auf Anhieb Bibabo (Plagwitz), Ofenrohr (Gohlis) und Ochsenstall (Burghausen) ein, aber beispielsweise auch Zills Tunnel (Zentrum). Denn was hat ein Tunnel mit einer Gaststätte zu tun? Früher muss der Begriff gastronomisch bedeutsam gewesen sein; wir kennen aus eigenem Erleben noch Pragers Biertunnel und erinnern uns an ein wahrhaftig tunnelförmiges Lokal. Weitere originelle Bezeichnungen sind Betten-Költzsch (Connewitz), Hotel Seeblick (Südvorstadt), Seilbahn (Gohlis) und Südbrause (Connewitz) sowie nicht zu vergessen der Kaffeebaum und die Kümmelapotheke (beide im Zentrum)!
Zwei Anmerkungen von Peter aus Meusdorf:
1) Historisch
Der „Mutige Ritter“ ist ein historisches und aktuelles Tagungslokal in Bad Kösen, wo die „Kösener Corpsstudenten“ seit achzehnhunnerttobak ihren „Kösener Kongress“ abhalten. Auch an der Leipziger Universität gab und gibt es eine rührige Corpslandschaft mit seinerzeit tausenden von Corpsbrüdern, welche der Leipziger „Mutige Ritter“ wohl ansprechen wollte. Die Verbindungsstudenten waren seinerzeit „eine Macht“ in den Universitätsstädten und … „Couleurkneipen“ Auszeichnungen für einzelne Lokale, welche die Verbindungen und ihre Dachverbände an den jeweiligen Orten erteilen und auch wieder entziehen konnten – mit sehr ergebniswirksamen Folgen für die Wirte: er versprach den Zuspruch äussert trinkfester und -freudiger Kundschaft. Das Gegenteil, der „Verschiß“ durch ein Kösener Corps oder gar den „SC“, den Senioren-Convent (zu deutsch etwa: Vorsitzendenvereinigung) der ortsansässigen Corps konnte ruinöse Folgen haben: nicht nur daß es den Mitgliedern der den Verschiß aussprechenden Institution verboten war, ein solches Lokal zu betreten, sondern so ein Verschiß sprach sich in Windeseile in der Stadt herum. Er wurde ja normalerweise nur aufgrund schwerwiegenden Fehlverhaltens der Wirtschaft ausgesprochen und auch die „gutbürgerlichen“ Kreise mieden dann oftmals das Lokal. Wenn sich also dunnemals ein Lokal „Mutiger Ritter“ nannte, war damit das ernst zu nehmende Versprechen verbunden, den Ansprüchen der „Kösener Corpsstudenten“ gerecht zu werden – wurde dieses Versprechen nicht eingelöst, dann drohte nur allzuleicht eben dieser Selbstverpflichtung wegen der berüchtigte „SC-Verschiß“.
2) Aktuell möchte ich auf 2 recht ungewöhnlich benannte und sehr bemerkenswerte Lokale aufmerksam machen, nämlich
a) die „Vergebung auf Bethlehem“. Die groteskeste und liebenswürdigste Connewitzer Kneipe hat auf einem Brachgrundstück in ihrem Viertel eine neue Bleibe gefunden, was Eure Kollegin Adelina Horn (nach 1 freundlichen Anstupser durch meine Wenigkeit) entsprechend gewürdigt hat. … Wenn Ihr noch nicht dort wart – einen Besuch ist es allemal Wert und ich würde mich freuen für jede Unterstützung für diese aussergewöhnlichste Kneipe des Universums !
b) „El Caracan“, was spanisch ist und wörtlich übersetzt „Das Hundegesicht“ heißt. Eine deutsche Übertragung wäre etwa „Das Leckermäulchen“ (Hunde sind bekanntlich verfressen bis zum geht nicht mehr). Das ist der Spanier im Auenwald, ganz hinten in dem Sportzentrum, vorbei an den Fußball- und Tennisplätzen, fast schon wieder in der Elster. Auch für den „Spanier im Auenwald“ brauche ich wohl keine Eulen nach Athen zu tragen … ?!
Danke, Peter!

