Historie

100 Jahre Leihhaus

100 Jahre Leihhaus

2013 wird das Leihhaus (wie wir Leipziger es nach wie vor nennen) 100 Jahre alt. Errichtet worden war es 1912/13 „nach Entwurf von Otto Wilhelm Scharenberg am Yorkplatz (Erich-Weinert-Platz)“*. Mittlerweile sitzt das Finanzamt im Gebäude und heißt der Platz nach Wilhelm Liebknecht. Als er noch nach Erich Weinert benannt war, trug das Leihhaus den offiziellen Namen Haus der Dienstleistungen.

Otto Wilhelm Scharenberg (1851-1920) war Leipziger Stadtbaurat und als solcher u.a. auch „Schöpfer“ des Stadtbades in der Eutritzscher Straße, des mittelalterlich wirkenden neoromanischen Krematoriums auf dem Südfriedhof und der Leibnizschule am Nordplatz. Über deren Schulhof gingen übrigens einige von uns als junge Schüler rüber ins Stadtbad zum Schwimmunterricht. (Der Kabarettist Meigl Hoffmann z.B. besuchte seinerzeit die Leibnizschule.)

Im Leihhaus, in dem wir ab und zu aus steuerlichen Gründen weilen, entdeckten wir Kruschinas Lese-Ecke, in der prächtigen und unserer Meinung nach öffentlichen Kantine im Erdgeschoss (Zugang z.B. über die ebenfalls interessante Rückseite des Gebäudes). Dort, bei Kruschina, kann jeder Lektüre mitnehmen oder hinstellen, ausgenommen sind Parteipolitisches und Pornografie.

* aus „Nordvorstadt – Eine historische und städtebauliche Studie“ (1999, Pro Leipzig)

Der „Tourist Stadtführer-Atlas Leipzig“ (VEB Tourist Verlag Berlin/Leipzig) hatte 1981 folgende Informationen über das Leihhaus, Finanzamt bzw. Haus der Dienstleistungen auf seinen Seiten:

„Haus der Dienstleistungen
VEB Dienstleistungskombinat, 7010, Erich-Weinert-Platz 3/4, Strb. 1, 10, 11, 16, 21, 28, 29 (Hst. Erich-Weinert-Platz). Kurzparkzone in der Erich-Weinert-Str. Geöffnet: Mo.-Do. 9-18 Uhr, Fr. 9-19 Uhr, Sa. 9-12 Uhr. Tel. Kundendienst 28 21 31. Größte und modernste Komplexannahmestelle in der DDR für mehr als 70 Leistungsarten. Wichtige Dienstleistungen für Touristen (Auswahl): zentrale Fundstelle der Stadt Leipzig; Schnellreinigung für Garderobe (45 Min.); Schnellreparatur an Trockenrasierapparaten und Bügeleisen; Reparatur von Strümpfen und Strumpfhosen.“

Nachtrag 1: Auf dem Hof des Leihhauses bzw. Finanzamts ist eine Parklücke mit dem Kürzel GST markiert. Die Gesellschaft für Sport und Technik kommt als Mieter seit 1990 nicht mehr in Frage. Was also bedeutet das? Geschäftsstelle, klärte uns Carolin auf unserer Facebook-Seite auf. Danke!

Nachtrag 2: Im Dezember 2020 gelangten wir legal auf den Hof der Leibnizschule und konnten so die Rückseite des Stadtbads fotografieren. Am Hintereingang, durch den wir früher zum Schwimmunterricht gingen, lesen wir heute: „Achtung! Diese Tür ist alarmgesichert! Bitte die verschlossene Tür nicht gewaltsam öffnen.“ Geht klar.

siehe auch unsere Beiträge „Wo Hausmeister essen gehen“ (Januar 2020) und „Eklat im Wellenbad“ (November 2020)