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Am Strbf. Leutzsch II

Am Strbf. Leutzsch II

Kenny, Lee und vor allem Ramon aus dem Achtziger-Jahre-HipHop-Film „Beat Street“ hätten sich beim Anblick der im Straßenbahnhof Leutzsch abgestellten Wagen wahrscheinlich übelst gefreut; wobei die Graffiti-Pioniere ja immer auf der Suche nach einem „Weißen“, einem fabrikneuen und darum unbesprühten Exemplar waren.

Wir waren gar nicht auf der Suche, sondern zufällig am Ende der Rathenaustraße unterwegs, als uns eine Tatra-Schlange auffiel: Geschätzte zwanzig Wagen, zum Teil komplett eingefärbt und ausgefenstert. Eher traurig als schön, aber Aufmerksamkeit erregend und die Neugier weckend.

Im Nahverkehrsforum Leipzig stellte Passagier am 13.04.2010 folgende Frage zum Straßenbahnhof Leutzsch: „Nachdem dieser Strbf. leer gezogen wurde in Sachen abgestellter Tatra und nun dort gähnende Leere herrscht: Wie geht es denn dort weiter? Welche Pläne gibt es mit dem Gelände, außer Leos straßentauglich zu machen? Ersatz-Strbf. für evtl. künftige im Bau befindliche Strbf.?“

Noch am selben Tag gab NVer (NV = Nahverkehr) diese Antwort: „Zynisch gesagt, ist dieser Strbf. doch eigentlich nur zum kostenlosen ‚Umlackieren’ vorhandenen Wagenmaterials geeignet, wie uns die vollgesprühten (alten) Wagen gezeigt haben …“

Das Thema ist also kein neues. Wir erkundigten uns dennoch bei den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) und erfuhren von Pressesprecher Marc Backhaus, dass die Fahrzeuge ausgemustert worden sind und in Leutzsch auf ihre Verschrottung warten.

www.nahverkehrsforumleipzig.de

Nachtrag 1: Ein schönes Buch in dem Zusammenhang ist „Von der Sänfte zum Leo-Liner – Leipziger Verkehrsgeschichte(n)“, erzählt von Otto Künnemann, erschienen 2008 im Wartberg Verlag.

Nachtrag 2: Am 13.02.2016 brachte die Leipziger Volkszeitung eine große Geschichte zu diesem Thema und nannte sie „Der Friedhof der Straßenbahnen“. Wir erfahren u.a., dass in den letzten fünf Jahren 40 Tatras aus dem Netz genommen wurden, denen bis 2020 weitere 80 folgen sollen. Bislang wurden solche Bahnen weiter nach Osten verkauft oder verschrottet, nun will sie aber erstens keiner mehr und sind zweitens die Schrottpreise im Keller. Also stehen die Wagen in Leutzsch herum.