In der Lützner Straße kurz vor der früheren Minol-Tankstelle erinnern zwei Häuser an das dörfliche Lindenau des 19. Jahrhunderts. Eins davon ist das Goetzhaus, in dem heutzutage das Restaurant Schnizz zum Schmause bittet. Täglich von 11 bis 21 Uhr fliegen hier Schweine-, Puten-, Kalbs- und vegetarische Schnitzel von der Pfanne auf die Teller, nach Wiener, ungarischer oder italienischer Art, so wie man sie in Dallas oder auf Hawaii anrichtet, für Damen, Herren oder Gärtnerinnen und so weiter. Das Ganze hat System, es gibt außerdem Salate, Eis und Quarkkeulchen sowie alle Arten von Getränken.
Auf dem Freisitz im Garten esst Ihr unter Aufsicht von Turnvater Goetz, der in diesem Haus der Herr und seinerzeit berühmt wie Turnvater Jahn gewesen ist. Ferdinand Goetz (1826-1915) hat Friedrich Ludwig Jahn auch wirklich getroffen – Pfingsten 1847 in dessen Exil in Freyburg an der Unstrut. In den beiden Jahren darauf nahm der Lindenauer an Aufständen und Ausschreitungen in Leipzig und Dresden teil. Nebenbei studierte er von 1846 bis 1850 an der hiesigen Universität Medizin. 1855 übernahm er die Praxis im heutigen Goetzhaus und 1858 zusätzlich die Leitung der Deutschen Turnzeitung. 1860 schließlich wurde Goetz auch noch Chef der Deutschen Turnerschaft.
Kein Wunder, dass sein Domizil zum organistorischen Zentrum dieser Bewegung für Bewegung avancierte. 1926, zu seinem Hundertsten, setzten ihm die Turnbrüder ein Denkmal, dessen Kopie nun mitten im Garten zu finden ist. Trotz all der Ehren rutschte der sportliche Arzt nach und nach in die hinteren Bereiche des öffentlichen Gedächtnisses.
Erst im Jahr 2000 bildete sich der Goetz-Haus Leipzig e.V., der im auf sein Betreiben hin restaurierten Gebäude von 2002 bis 2011 eine Gaststätte mit Goetz-Ausstellung führte. Dann sorgten finanzielle Gründe für ein trauriges Ende. Zum Glück hält seit 2015 ein ehemaliger Turner die Fahnen in der Lützner Straße 11 wieder hoch und vor allem die Türen geöffnet. In der oberen Etage erzählen informative Texte und historische Bilder die Goetzsche Geschichte.
siehe zum Thema Turnen auch unsere Beiträge „Altes Plagwitz“ (Januar 2020) und „Die Sieben von der Turnhalle“ (März 2023)