Den Jahrestag haben wir verpasst – die Brauereischänke Kokille, hinten im Westwerk versteckt, war am 20. November 2021 eröffnet worden, hatte den ersten Geburtstag aber sowieso nicht öffentlich gefeiert. Torsten Warnke, Mathias Striggow und Jakob Treige (von der Plagwitzer Brauerei* in der Klingenstraße) heißen die drei Geschäftsführer des kleinen Betriebs, Barchef ist Jonathan Henneberger. Alle wohnen nicht weit vom Lokal entfernt.
Torsten braute schon ewig zu Hause Bier und suchte irgendwann einen außerhalb der eigenen vier Wände gelegenen Platz für sein ausuferndes Hobby. Er konnte Kumpel Mathias für die Sache begeistern und Profi Jakob mit hineinziehen. Gemeinsam bauten sie ungenutzte Räume nahe der Weißenfelser Straße um, was ein reichliches Jahr in Anspruch nahm, dabei versuchten sie, möglichst viel Eigenleistung zu erbringen. „Sogar die Bänke sind selbst gebaut“, freut sich Torsten, „aus Dachlatten.“
Das Brauen ist dennoch Hobby geblieben, sowohl von Torsten als auch von Mathias. Beide sitzen hauptberuflich vorm Bildschirm und freuen sich über den körperlichen Ausgleich und die sichtbaren Ergebnisse im Nebenhandwerk. „Eigentlich wollten wir ja nur Bier brauen.“ Jetzt haben sie auch noch ein gemütliches Lokal. Helles und Pale Ale gibt es dort immer, während der dritte Hahn an der Theke „variabel bespielt“ werde – mal fließt Weizen heraus, beim nächsten Mal IPA.
Torsten und Mathias filtern nicht, sie pasteurisieren nicht und brauen nach Bedarf, der zu ihrem Glück stetig steigt. Am Jahresende werden sie 110 Hektoliter Kokille-Bier produziert haben. Den ebenso ungewöhnlichen wie einprägsamen Namen wählten sie, weil der erste Kokillenguss Deutschlands einst hier auf dem Gelände des heutigen Westwerks vorgenommen wurde.
Torsten stammt ursprünglich aus dem Eichsfeld, Mathias aus der Magdeburger Ecke, Barchef Jonathan hingegen ist alter Leipziger, genauer gesagt Lindenauer und dank persönlicher Kontakte und schöner Zufälle ein Kokilleur der ersten Stunde. Insgesamt hat er fast 15 Jahre Gastronomieerfahrung auf dem Buckel, hinzu kommt ein passender familiärer Hintergrund. Jonathans Mutter nämlich imkert im Altenburger Land und verfügt dort über eigene Streuobst- und Beerenwiesen. Sie liefert die Zutaten für seine selbstgemachten Limos und außerdem eigene Liköre.
Wer kein Bier trinkt, kann sich bei Jonathan z.B. an Saale-Unstrut-Weinen erfreuen, u.a. einem seltenen Bacchus. Longdrinks, Rum und Whiskey werden ebenfalls gereicht und Brotmahlzeiten mit Käse aus Gohlis und Wurst von einer Schäferin aus Knautkleeberg. Nicht vergessen wollen wir die Currywurst (auch als vegane Variante) mit einer Sauce, die Brauer Torsten zubereitet. Die Currywurst, so der Barchef, sei eine Reminiszenz an die Bockwurst der Anfangstage.
Das Bier von Torsten, Jonathan & Co. gibt’s bisher nur in der Kokille sowie in der Gaststätte der Schaubühne Lindenfels und leider nicht in Flaschen. Wer möchte und einen geeigneten Behälter mitbringt, kann sich das Getränk dennoch mit nach Hause oder zu Freunden nehmen, so wie in den alten Geschichten, als die Kinder mit dem Krug in die nächste Kneipe liefen, um für den Vater Nachschub zu holen …
Nachtrag im Januar 2024: Seit Dezember bekommt Ihr das Kokille-Bier doch in Flaschen! Im Augenblick sind es drei Sorten – We Will Bock You, Rebel Hell und Ale No Sunshine.
* siehe unseren Beitrag „In der Plagwitzer Brauerei“ (März 2022) sowie „Es waren einst sieben Brauereien“ (November 2021)