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Der Pavillon am Cospudener See

Der Pavillon am Cospudener See

Durch Zufall konnten wir ein Rätsel lösen, das uns seit Oktober 2020 beschäftigte. Allerdings haben wir zur Belohnung ein neues Rätsel am Hals. Es dreht sich um den Pavillon am Ostufer des Cospudener Sees. Seinerzeit schauten wir bei einem Spaziergang zwischen Pier 1 und Nordstrand kurz vor der Roten Hütte (inzwischen Cospudener Combüse) zum Glück in den Wald. Im August 2022 waren wir erneut vor Ort, nun schon ausgerüstet mit dem Wissen, dass die Mehringstraße (ehemals Charlottenstraße) um 1900 eine bevorzugte Wohnlage für Promis gewesen ist.

Einer von denen hatte damals in seinem großzügigen Garten garantiert diesen Pavillon aufstellen lassen. Vielleicht Kaufhausbesitzer August Polich, wie wir dem Buch „Markkleeberg – Geschichte und Wandel“ auf Seite 66 zu entnehmen glauben … So spekulierten wir auf Facebook und Katrin antwortete: „Über diesen kleinen Verwandten des Pavillons im agra-Park habe ich auch schon gerätselt. Ich glaube nicht, dass er zu Polichs Anwesen gehört hat. Ich persönlich denke ja, er gehört zur Mehringstraße 10, der Brümmer-Villa.“

Derzeit mutmaßen wir, dass das vergessene Schmuckstück Teil des Anwesens von Hans Garms gewesen ist. Undine Meissner*, Urenkelin der Thalysia-Gründer Amalie und Paul Garms und Enkelin von Hans Garms, verdanken wir den Beleg dafür. Sie schenkte uns vor drei Jahren einen Band, auf dessen Deckel „Landhaus Dr. Garms / Markkleeberg-West / Charlottenstr. 12 / Herbst 1936″ geschrieben steht. Im Inneren enthält er Fotografien des 1935 errichteten Gebäudes – Innenansichten, Außenansichten und Garten- bzw. Parkansichten.

Und als wir dieses Buch unlängst in der Pleißenburg mit Frank und Peter durchblätterten, mit denen wir uns über Stadtgeschichtliches, Bierdeckel und Sport ausgetauscht hatten und dabei aufs Thalysia-Haus zu sprechen gekommen waren, tauchte der rätselhafte Pavillon vom Ostufer des Cospudener Sees vor unseren Augen auf!

Wir hatten Polich vermutet, dessen Villa die Nummer 16 trägt, da könnte die 12 von der Lage her genau so gut in Frage kommen. Allerdings ist die Charlottenstraße 12 mittlerweile die Mehringstraße 8, wie der im Sax Verlag erschienene Kalender „Markkleeberg 2021 – Verlegerhäuser“ (Texte von Bernd Mühling, herausgegeben vom Verein Kulturgeschichte Markkleeberg) verrät sowie Folgendes: „Dr. med. Hans Garms ließ sich 1935 von Architekt Otto Born ein Landhaus im Stil der neuen Sachlichkeit bauen. Es gehört heute zur Rudolf-Hildebrand-Schule und beherbergt das Internat.“

Die Mehringstraße 8 im Mai 2023

Im Markkleeberger Adressbuch von 1939 residiert Hans Garms noch in der 12 und Walter Born in der 23. Die bei Wikipedia einsehbare „Liste der Kulturdenkmale in Gautzsch“ nennt Walter statt Otto Born als Architekten des Landhauses, welches, wie Peter in der Pleißenburg erzählte, einst Stützpunkt des Leipziger Leistungssports gewesen ist. Die vom ASK (Armeesportklub) hier betriebenen Disziplinen waren Gewichtheben, Moderner Fünfkampf, Wildwasserkanuslalom, Radsport – Bahn und Straße – und Schießen. „Der Schießstand hinter dem Thalysia-Haus“, so Peter, „war bei Sportlern sehr beliebt, da er nicht windanfällig war. Über den Damm schauten allerdings einst Kinder über die ‚Zielwand‘ und Schluss war. Im Thalysia-Haus wohnten im Obergeschoss Sportler des ASK Leipzig.“

So weit, so gut. Das neue Rätsel lautet: Wann und warum wurde die Hausnummer geändert? (Möglich ist natürlich auch, dass Polichs, Garmsens und Brümmers jeweils einen eigenen Pavillon besaßen, so wie andere Leute einen Swimming Pool. Auf jeden Fall sind wir nahe dran.)

* siehe unseren Beitrag „Neues von Thalysia“ (Mai 2022)

Nachtrag von Peter: „In der Gegend um den Pavillon war bis 1979 (?) ein Rittergut. Das wurde weggebaggert. Vorher aber archäologisch untersucht von einem Professor und seinen Studenten. Eventuell reichte der Park des Gutes bis an den Pavillon … Nach Thalysia, Russenkaserne, Polizei (hatten eine Funkstation auf dem Gelände) und ASK war das Haus Unterkunft der Offiziersschule ‚Ernst Thälmann‘ Löbau. Dort waren Offiziersschüler untergebracht, die an einer Spezialschule (NVA und Volksbildung) das Abitur gemacht haben. Sie mussten einen Facharbeiterbrief haben. Maßstab der Ausbildung war das Abitur der DDR. Das wurde streng vom Ministerium der Volksbildung kontrolliert.“ Danke, Peter!