Gut essen gehen kann man in Leipzig an jeder zweiten Ecke. Wir wollen hier keine aktuellen Tipps geben, sondern 21 bzw. 25 Jahre in die Vergangenheit zurück reisen, weil uns zwei alte Speisekarten in die Hände gefallen sind. Eine vom Schiff am Kulkwitzer See und eine vom japanischen Restaurant Sakura im Hotel Merkur, erstere ist von 1992, zweitere von 1988. Damals war das Sakura ähnlich exotisch wie das seit letztem Jahr kinobekannte Lokal Waffenschmied aus dem Film „Sushi in Suhl“.
Wie in dem war auch die Sakura-Bedienung im Geisha-Stil gekleidet – statt des gemeinsamen Bades im Pool allerdings bekam man einen heißen Waschlappen auf die Stirn oder in den Nacken gelegt. Ungewöhnlich genug. Küchenleiter Ulrich Reinhardt erklärte in der großformatigen Karte unter anderem: „Japanische Gastlichkeit ist auf das allseitige Wohlbehagen des Gastes abgestimmt.“
Es gab zum Beispiel „Rohen Fisch in feinen Scheiben“ und „Gerichte im japanischen Kochtopf serviert“ zu Preisen, die für damalige Verhältnisse völlig verrückt wirkten: Der Rohe Fisch – Forellenfilet mit grünem Meerrettich und Sojasoße – kostete 29 Mark (der DDR), Meerestiere mit Hähnchenbrust und verschiedenem Gemüse in würziger Bouillon, ein Kochtopfgericht, sage und schreibe 44,60 Mark! „Auserlesene japanische Menüs“ mit mehreren Gängen bekam man ab 67,10 Mark pro Person, eine Flasche Bier (Radeberger, Wernesgrüner, Schwedenquell, Ur-Krostitzer Diabetikerpilsner oder Pilsner Urquell) für 5 Mark. Interhotel-Preise!
Relativ intensiv scheinen vier Jahre später auch die „Winterpreise“ auf der MS Leipzig, wie das Schiff 1992 noch hieß. Wir haben eine Karte von der (Wieder-)Eröffnung am 18. Januar. Da sind unter anderem Nudeln „Alfredo“ und Schweinerückensteak „Holzfäller Art“ für 12 bzw. 14,50 DM aufgeführt. Fürs Warsteiner Pils wurden 3,50 DM kassiert, für ein Glas Sekt 7 DM. Gefeiert hat man im Januar vor 21 Jahren eine Pyjama- und eine Oldie-Party (jeweils mit „Komik-Show“), außerdem lud man zum Saturday-Night-Fever und zur Maxi-Playback-Show („Eintritt, sofern nicht anders ausgewiesen: 5,00 DM“).
Heute beherbergt das Schiff die Kulkwitzer Schiffsgaststätte (Betreiber ist laut Aushang Goethe, allerdings W. Goethe, nicht J.W. von Goethe) und existiert im Hotel in der Gerberstraße 15 immer noch ein japanisches Restaurant (Yamato; mittlerweile gibt es auch in der Innenstadt mindestens zwei, u.a. Mr. Moto). Siehe dazu auch unsere Beiträge „Badewanne Kulkwitzer See“ (Mai 2012), „Wie die Hotels früher hießen“ (Dezember 2012) sowie „Neues vom Schiff“ (Mai 2019).