Historie

Brauerei Ernst Bauer

Brauerei Ernst Bauer
Bauer Hell
Bauer Hell

Im Stadtmagazin BLITZ! Leipzig vom 15. Januar 1993 erschien der Artikel „Auf der Suche nach den kleinen Flaschen“ (kursiver Text unten). Verfasst hatte ihn einer von uns, weswegen wir hier auch so ausführlich zitieren, Thema des Beitrags war die Brauerei Ernst Bauer, von der in den Bier- und Bieretiketten-Einträgen auf dieser Seite bereits mehrfach die Rede gewesen und auch manches Bild zu finden ist.

Erinnern Sie sich noch an diese kleinen, bauchigen 0,33-Liter-Bierflaschen? … BLITZ!-Mitarbeiter Ernie Le Coq war auf der Suche nach diesen traditionellen Getränkebehältern und geriet dabei unversehens auf das Gelände der Leipziger Familienbrauerei Bauer. Und tatsächlich! Da werden sie noch abgefüllt, die sogenannten Steini-Flaschen, die so gut in jede Bauarbeiterpranke passen …

„20 Jahre haben wir nur diese Flaschen verwendet“, sagt Geschäftsführer Hans Bauer. Auch heute noch werde ein gewisser Teil des am Täubchenweg gebrauten Bieres in den dicklichen Flaschen abgefüllt, erzählt der Enkel des Firmengründers. Da der Handel aber nicht an unzähligen verschiedenen Flaschenformen interessiert sei, verwende man ansonsten die jetzt gebräuchlichen, schlanken 0,5-Liter-Flaschen. „Eines allerdings wird es nie geben“, versichert Hans Bauer, der seit 1958 hier Chef ist (und auch in der Turm-Bräu-Zeit 1972-90 das kleine Unternehmen führte), „Bauer-Bier in Büchsen!“

Bauer Malz
Bauer Malz

Überhaupt werde in der seit 111 Jahren bestehenden Brauerei viel Wert auf Tradition gelegt, meint Rüdiger Deißner. Der sympathische Marketing-Verantwortliche und „Ingenieur für alles“, der sich vor allem von 40 Zigaretten täglich ernährt, hat denn auch eine melancholisch stimmende Auswahl von alten Brauereiansichten, Emailleschildern und Bügelverschlußflaschen in seinem Büro versammelt.

Auf dem Gelände am Täubchenweg wird immerhin seit 1852 Bier gebraut. Am 1. Oktober 1881 gründete dann Ernst Bauer hier die gleichnamige Bierbrauerei. Sein Großvater habe sich eng mit der Stadt Leipzig verbunden gefühlt, erzählt Hans Bauer. Deshalb habe er um die Jahrhundertwende eine Ansicht des Neuen Rathauses zur Schutzmarke seiner Firma gewählt. Diesem Logo hatte die Brauerei nach 1972 auch den Namen Turm Bräu zu verdanken.

Ältere Trinker werden sich vielleicht noch an die „Blechmusik“ erinnern. Der Brauerei-Ausschank trug diesen Namen, weil das gesamte darin benutzte Geschirr aus Zinn war. Heute befindet sich in der ehemaligen Zechstube der brauereieigene Abholmarkt.

Für alle Freunde alter Reklamereime hat Hans Bauer auch einen Slogan aus der Zeit der „Blechmusik“ parat: „Der Kenner trinkt auf Dauer – Bauer!“ Sollte dieser Spruch heute noch gültig sein, besteht die Schar der Kenner gegenwärtig zu einem beträchtlichen Teil aus Studenten. Laut Rüdiger Deißner fließt nämlich ein Großteil der jährlich bei Bauer gebrauten 30000 Hektoliter in Leipziger Studentenclubs aus dem Faß.

Nach Meinung des Marketing-Mannes Deißner brauen die 35 Mitarbeiter ein vollmundiges, speziell auf den Leipziger Geschmack abgestimmtes Bier. „Und das mit handwerklicher Tradition“, ergänzt Hans Bauer. Man wolle sich schließlich nicht in Richtung Chemiefabrik entwickeln.

Zur Philosophie der übrigens schwarze Zahlen schreibenden Brauerei gehört der Spruch „Bier ist und braucht Heimat“. Deshalb kaufe man sämtliche Zutaten und Materialien von Hopfen bis Malz, von den Etiketten bis zu den Flaschen, im Gebiet der ehemaligen DDR. Stolz sind Bauer und Deißner deswegen auch auf die Tatsache, daß sie ohne westliche Beteiligung auskommen. „Bauer ist rein in Osthand“, lacht Rüdiger Deißner und meint, so solle es auch bleiben.

„Ernst Bauer (1852-1910) starb mit nur 57 Jahren und hinterließ seiner Witwe und seinen Kindern eine moderne Brauerei, die der Familie zu Wohlstand verholfen hatte“, erfährt der Neugierige auf www.friedhofsspaziergang-leipzig.de, wo auch Ernst Bauers Grabstätte auf dem Südfriedhof abgebildet ist. Hans Bauer verschied 2009, die Familienbrauerei wurde spätestens 2010 geschlossen (Quelle: www.blog-ums-bier.de). Siehe zu diesem Thema auch unsere Beiträge Sternburg, nicht Sternburger sowie Bejahrte Bieretiketten I und Bejahrte Bieretiketten II.