Marie hatte den Aufruf auf Facebook gelesen, sich gemeldet und ihre Ein-Raum-Wohnung bereitgestellt. Christophers Freundin studiert mit einer der Organisatorinnen und wurde gefragt. Er, das Geschehen von der Küche aus beobachtend, machte sich keine Sorgen um die Einrichtung der gemeinsamen Zwei-Raum-Wohnung, das sei doch Kunstpublikum.
Maja vom Duo Mauve aus Hannover möchte demnächst nach Leipzig ziehen und kam übers Schwarze Internet-Brett auf den Tapetenwechsel. Das Trio Moustache Massage schließlich gab sein Konzert in einem Zimmer in Wohnung 3, augenscheinlich einer etwas größeren WG (zumindest räumlich). Gleich hinter der Eingangstür wartete ein freundlicher Fassbierausschenker von Braustrom.
Drei Wohnungen + drei Bands + drei künstlerische Darbietungen nichtmusikalischer Natur = Tapetenwechsel. Drei junge Frauen haben sich diese erweiterte Variante des Wohnzimmerkonzerts einfallen lassen und kümmerten sich am vergangenen Sonntag bereits das zweite Mal darum, dass ihre Idee Wirklichkeit wird. Es funktionierte 1A!
Die Wohnungen befanden sich in der Nähe der Lindenauer Minol-Tankstelle, jeweils drei Minuten Fußweg voneinander entfernt. In welcher man den erlebnisreichen Rundgang begann, spielte keine Rolle, denn das Programm wurde dreimal gegeben.
Wir starteten bei Marie mit französischen Chansons von Mauve (die sogar den Dubstep-HipHop-Hörer in unseren Reihen überzeugten), illustriert von Polylux-Bildern des Dresdner Duos Supraillu (die eigentlich ein Quartett sind). Noch war die Stube übersichtlich gefüllt. Mit dem ersten Wechsel jedoch kamen die Massen …
In Wohnung 2 gab’s Musik von Kontrabass (Janek) und Saxofon (Georg), kombiniert mit Tanz. Vom Flur aus lugten wir ins Wohnzimmer und waren nicht so überzeugt. Vielleicht weil wir zu wenig sahen? Vielleicht auch weil einem nicht alles gefallen kann. Dafür war die Wohnung schön.
In Station 3 steuerten wir zielstrebig ins Veranstaltungszimmer, pflanzten uns aufs Sofa und schauten den „Glorreichen Sieben“ in die Gesichter (den Film müssen wir uns mal wieder zu Gemüte führen!). Unter deren Augen sollte eine Band spielen: Moustache Massage, drei Schnurrbartträger, die eigentlich zwei sind, hier aber einen Schlagzeuger dabei hatten.
Und unsere Zufallsdramaturgie haute hin: Stimmungsvoller Start, Zwischen-Naja und furioses Finale. Die sächsischen Western-Rocker (aus Zwickau und Leipzig) mit Lippenzierde waren einfach fetzig, sowohl musikalisch als auch vom Auftreten her. Musik zum kräftigen Mitwippen und Ansagen zum köstlichen Amüsieren! Mal sehen, wo die das nächste Mal spielen …
Organisiert wird der Tapetenwechsel von Julia, Malena und Tina im Zwei-Monats-Abstand, immer an einem Sonntagabend – als „ruhiger Ausgleich und Abschluss der Woche“, wie Tina sagt. Und am liebsten jedes Mal in einem anderen Stadtteil. Ausgabe 1 lief in Schleußig. Es sei kein Problem, Leute zu finden, die ihre Wohnungen bereitstellten – die Nähe der Wohnungen zueinander sei das Problem.
Die drei Studentinnen sind selbst viel auf Veranstaltungen unterwegs. „Was uns oft nicht gefällt, ist die Distanz“ zwischen Auftretenden und Zuschauern. In privaten Räumen fällt diese Distanz weg, kommt man besser und eher miteinander ins Gespräch.
Julia, ursprünglich aus Dresden, und Tina aus Luckenwalde (später Berlin und Münster) kennen sich von einem Praktikum in Sachsens Hauptstadt. Malena (Münster) und Tina freundeten sich während eines Urlaubs in Südafrika an. Letztes Jahr führte Tina alle in Leipzig zusammen. Sie selbst ist im August hierher gezogen und sagt: „Die Stadt verleitet einen dazu, etwas zu machen …“
Nächster Termin: 12. April 2015