Die Georg-Schumann-Straße ist die Hauptstraße im Nordwesten unserer Stadt. Hunderte Hausnummern lang führt sie von Wahren über Möckern und Gohlis bis beinahe ins Zentrum, gesäumt von schönen Häusern aus der Zeit, in der wohl halb Leipzig gebaut wurde, der Gründerzeit.
Damals galt es als schick, im Vorderhaus zur großen Straße hin zu wohnen. Heute bevorzugt man Hinterhäuser, zweite Reihe oder gleich das Eigenheim, was zur Folge hat, dass große Teile der Georg-Schumann-Straße leerstehen, sowohl Wohnungen als auch Läden. Die Verwaltung hat das erkannt und „Fördermittel eingeworben“, wie es oft so unschön heißt.
Wie dem auch sei, die Georg-Schumann-Straße könnte davon profitieren. Und wer sie vom Chausseehaus bis zum Rathaus Wahren abläuft oder mit dem Fahrrad abfährt, denkt: Hier sind ja auch viele Läden, die nicht leerstehen! Sowie: Da kommen einige Wohnungen zur Eigennutzung in Frage – solange sie ein Schlafzimmer nach hinten raus haben und dieses „hinten“ nach Süden zeigt, wegen des Fluglärms vom Norden bzw. Nordwesten. Außerdem fragt er bzw. sie sich am großen Kaufland, ob dieses ein Nachfolger der Konsument-Warenhäuser sei – die ganze Fassade voller stilisierter Ks. Doch die Konsument-Gruppe wird keine Klage mehr erheben.
Wir auch nicht, denn wir finden die Georg-Schumann-Straße romantisch – vor allem tagsüber, wenn die Sonne scheint. Es gibt hier u.a. den „Fröhlichen Zecher“, er hat bloß die Straßenseite gewechselt, ein Stück in Richtung Stadt, und die Pension, in der Keppler wohnt (siehe separaten Eintrag). Nicht mehr besuchbar sind der „Goldene Löwe“ und „Hartz Vier – Die Kneipe“, die es wegen ihres Namens sogar mal ins Fernsehen geschafft hatte. Dafür könnten wir das „Café Paris de Angelo“ – auch ein starker Name! – mieten oder kaufen.
In der Axis-Passage entdecken wir die metallene Schwanzflosse eines Wals*, in der architektonisch beeindruckenden Nummer 126 das Magistralen-Management (www.schumann-magistrale.de) und in der 130 eine Galerie mit einem Zettel im Fenster: Kunstinteressierte sollten anrufen, dann komme jemand und öffne die Tür. Das klappt wirklich. Weiter hinten kommen die Auferstehungskirche und zwei Gedenksteine für die Völkerschlacht.
Ebenfalls interessant sind der Straßenbahnhof Möckern** mit seinen historischen Bahnen und das Viadukt – kurz vorm Rathaus Wahren, das wie das Neue Rathaus in der Innenstadt wuchtig als eine Mischung aus Burg und Schloss der Renaissance-Zeit erscheint. Und kurz vorm Rathaus Wahren, an der Straßenbahnhaltstelle stadtauswärts bäckt Bäcker Kulbe, dass es nur so eine Freude ist. Geht hinein in seinen Mini-Laden und holt Euch eine Nase sowie selbstverständlich auch Prasselkuchen und Doppelbrötchen oder was Ihr wollt.
Nachtrag am 29.04.2013: Heute informierte das Dezernat Stadtentwicklung und Bau der Stadt Leipzig: „Das Magistralenmanagement Georg-Schumann-Straße hat gewechselt. Zum einen, weil diese Aufgabe turnusmäßig neu ausgeschrieben wurde, zum anderen, weil sich die Tätigkeit nun schwerpunktmäßig auf die Wirtschaft ausrichten soll.“
Nachtrag am 02.01.2018: Am 30. Dezember 2017 brannte die Georg-Schumann-Straße 53, das Haus mit dem Schriftzug „Uhren“ (erstes Foto in unserer Galerie). Heute teilte die LVZ mit, dass Brandstiftung wahrscheinlich und das Gebäude nun einsturzgefährdet sei.
* siehe unseren Beitrag „Tiere in der Stadt I“ (Juli 2014)
** siehe unseren Beitrag „Am Strbf. Möckern“ (August 2013)