Leipzig ist groß genug, dass man zur gleichen Zeit verschiedene Stufen der Stadtentwicklung besichtigen kann. Das seit anderthalb Jahren bestehende Café Kune in der Eisenbahnstraße 107 erinnert uns an das seit mindestens anderthalb Jahren nicht mehr bestehende Café Schwarz* in der Georg-Schwarz-Straße. Es sieht natürlich anders aus, verfügt aber in etwa über die selbe Ausstrahlung.
Wir waren zufällig ziemlich exakt 16 Uhr vor Ort, als der Laden öffnete und der Kuchen in die Vitrinen geräumt wurde – Schokokuchen, Brownies und Kekse hätten wir zum Kaffee nehmen können. Wir entschieden uns für Ersteren und schauten zufrieden kauend an die Decke, welche mit Plakaten aller Art und verschiedenster Altersstufen beklebt ist. Eine Urkunde der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft, ausgestellt am 7. Oktober 1970 für das Betriebskollektiv der Neptun-Werft Rostock, bildet die Nachbarschaft neuerer Konzerthinweise und einer Trabant-Werbung!
„Im Notfall schwimmt er auch“, nimmt die den Mund ebenso voll wie heutige Verkaufsanpreisungen. Wir zitieren weiter: „Auf jeden Fall aber kann er im Freien rasten, ohne gleich zu rosten. Wetterfest, robust und plasteleicht ist er gerüstet für alle Zu-, Not- und Glücksfälle.“ Das gibt eine 1 mit Sternchen für den Texter!
Wie wir vom freundlichen Thekenmann erfuhren, dienten die gemütlichen, leicht verschachtelten Gasträume zu Trabant-Zeiten der LDPD (Liberal-Demokratische Partei Deutschlands) als Parteilokal. Mittlerweile ist diese Truppe so gut wie vergessen und 1990 in der beinahe auch schon vergessenen FDP aufgegangen. Im Café Kune belegt stattdessen die International Library Leipzig die Regale – Ihr könntet hier lesen ohne Ende oder ein Bubi Helles zwitschern.
* siehe unseren Beitrag „Das Café Kaffee Schwarz“ (Dezember 2013)