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Eine Pyramide für Lindenau

Eine Pyramide für Lindenau

Was hat Machern mit Lindenau zu tun? Wo steht die nächste Pyramide? Und was war da schon wieder mit den Freimaurern? Die Gemeinde Machern, im östlichen Leipziger Umland gelegen, verfügt über einen Landschaftspark, welcher als „wirklich bemerkenswert“ angesehen und „zu den bedeutendsten deutschen Freimaurergärten gerechnet“ wird. Beide Zitate stammen aus dem Buch „Die Geheimnisse freimaurerischer Landschaftsparks“, herausgegeben von Siegfried Schildmacher, erschienen im hiesigen Salier Verlag.

Die Adelsfamilie Lindenau aus dem gleichnamigen Dorf westlich von Leipzig ließ im frühen 18. Jahrhundert das Macherner Schloss errichten und im späten, nämlich von 1763 bis 1798, den Park drumherum anlegen. Carl Heinrich August Graf von Lindenau (1755-1842) gilt als der eigentliche Schöpfer des grünen Zauberreichs mit Wäldern, Wasser und Wiesen, mit Tempeln, künstlichen Ruinen und der als Grabstätte gedachten Pyramide. Wo steht aus Leipziger Sicht die nächste Pyramide? Im Stadtteil Schönefeld*, ebenfalls eine ältere Grabstätte (Ende 19. Jh.), sowie an der Autobahn A9 bei Brehna, dort als jüngeres Statussymbol eines Stahlbauunternehmens.

Zurück nach Machern: „Bekannt … ist“, lesen wir im erwähnten Buch, „dass Lindenau in der Pyramide mit seinen Freunden zu speisen pflegte.“ Sowie: „Für Lindenau diente seine Pyramide wohl vor allem als Mausoleum.“ Und warum tafelte man dann darin? Weil dort, wo der Tod winke, eben auch das Leben lächeln würde. „In Machern, wie in anderen Gärten der Empfindsamkeit, war auf diese Weise die Gewöhnung an das eigene Grab mit Naturschwärmerei verbunden.“ Die zeitgenössische Faszination für das alte Ägypten spielte dabei ebenso eine Rolle wie der Gedanke „von der Überwindung des Todes durch die Natur“.

Als wir den Park besuchen, tobt eine Kindergartengruppe unter Bäumen entlang, spazieren ein, zwei Muttis mit Kinderwagen und zwei, drei Leute mit Hunden die vielen Wege entlang. Wir erleben Unbeschwertheit, Ruhe und romantische Schönheit, lesen auf etlichen Schildern von Erhaltenem und Verschwundenem, schauen über den ziemlich großen Teich auf kleine Tempel im Grünen und freuen uns über das Käuzchen- oder Eulenbad. Die Eule, so wissen wir inzwischen, gilt u.a. als Begleittier der antiken Göttin Minerva sowie als Zeichen der Freimaurer**. Warum Graf Lindenau sein Idyll in Machern aber schon 1802 verkaufte, können wir nicht verstehen.

Der 1978 erschienene Ausflugsatlas für die Bezirke Halle und Leipzig (Tourist Verlag) nennt den Park einen „der größten und bedeutendsten … im Bezirk Leipzig“ und zählt „Werke sentimentaler Baukunst“ auf, die Tempel, die Ritterburg, die künstliche Ruine und die Pyramide, „deren Gruft jedoch nie als Begräbnisstätte diente“. Freimaurer kommen im Ausflugstext nicht vor, dafür ausführlich im Buch aus dem Salier Verlag.

* siehe unseren Beitrag „Entdeckungen in Schönefeld I“ (Mai 2012)
** siehe unseren Beitrag „Freimaurerei in Leipzig“ (März 2022)

Nachtrag im Juni 2022: Uns fiel eine weitere Pyramide in Leipzig ein, die Stötteritzer Gletschersteinpyramide! Siehe dazu unseren Beitrag „Leipzig-Buch von 1906, Teil 2“ vom Dezember 2018.