Unregelmäßig zeigen wir auf unserer Facebook-Seite kleine Häuser neben großen, zum einen gefällt uns der Kontrast, zum anderen der Rückblick in die Zeit, als diese kleinen Häuser der Normalfall waren, die Vororte noch ländlich oder wie Kleinstädte wirkten. Eine gute Vorstellung davon kann man sich in der Dieskaustraße machen, ab dem Adler nach draußen haben etliche kleine Häuser überdauert und stehen zum Teil kurios neben oder sogar zwischen den mittlerweile typischen Drei-, Vier- oder Fünfgeschossern.
Zu unserer Freude enthalten auch die aktuellen Leipziger Blätter (Nummer 80 vom März 2022) einen schönen Beitrag zu genau diesem Thema. Birk Engmann schreibt über „Bedrohte Schönheit – Wohnhäuser aus dörflicher Zeit“ und führt Erhaltenes und Verschwundenes auf, u.a. aus der Friederikenstraße, der Langen Reihe und der Biedermannstraße sowie das Doppel-Ruinen-Ensemble vom Beginn der Erich-Zeigner-Allee. Letzteres hatten wir im November 2021 auch bei uns auf Facebook und erfuhren von Ronny: „Steht unter Denkmalschutz und aktuell versucht man das Ganze auch via Immobilienscout an den Mann/Frau/Investor zu bringen“. Ronny zitierte aus der Denkmalliste Sachsen „Wohnhaus, mit Vorgarten … zum alten Ortskern Lindenau gehörig“, Julia erinnerte sich an eine nicht lang zurückliegende Zwangsversteigerung, während Desso wusste: „Vor vielen Jahren wurde darin eine Leiche gefunden …“
Wir folgten weiteren Hinweisen unseres Publikums und knipsten wie der erwähnte Blätter-Kollege in der Connewitzer Biedermannstraße und ebenfalls in Stötteritz. Wieder trafen interessante Erinnerungen ein. Andrea schrieb: „Das rosa Häuschen soll die frühere Papiermühle sein“. Michael meinte zum selben Objekt: „Das Häuschen ist auf der Denkmalliste mit ’nach 1700′ angegeben“. Und schließlich erinnerte sich der einstige Fast-Nachbar Wim: „… in den 1980ern haben da schon die Ökos drin gewohnt.“
Zur Dieskaustraße 273 wiederum äußerte sich Thomas: „Weil es so weit draußen ist, findet man das Haus erst im Adressbuch von 1908, da ist erstmals auch der Vorort Großzschocher-Windorf dabei. Der Eigentümer war durchgehend bis 1943 (bis dahin habe ich die Adressbücher) ein Reinhold Bauer. Dieser hatte scheinbar ein bewegtes Leben. Bis Ende des 1. Weltkrieges wird er als Schmied geführt, ab 1920 als Maschinist … Ab ca. 1934 ist er Gastwirt in der Buttergasse 18 (Großzschocher), wohnt dann auch dort, bleibt aber Eigentümer des Hauses in der Dieskaustraße. Die Gastwirtschaft nannte sich Froschburg.“ Jene Froschburg ist dank eines auffälligen Hauszeichens bis heute erkennbar!
Zum Schluss kommen wir auf Birk Engmann zurück, der die Kleinen als „Bauernhäuser, Landarbeiterhäuser, Häuslergebäude“ charakterisiert und als „Stiefkinder der Stadtentwicklung“ bezeichnet, „zu klein und zu niedrig für großzügige Wohnansprüche“. Dabei spüren wir seine Sympathie für die Büdchen, die auf ihre Art für Abwechslung in der Großstadt sorgen.
Danke an alle Mitwirkenden!
Ergänzung von Anikó über Facebook: „Ach, das süße Doppelhäuschen in der Erich Zeigner … bis letztes Jahr hat noch ein obdachloser Messie drin gewohnt. Dann wurde das rechte Häuschen von einem Pärchen gekauft und haben es polizeilich räumen lassen. Eine Firma kam und entrümpelte alles – soviel Müll und Gerümpel kam containerweise raus! Bin gespannt, wie sich die Lage weiter entwickelt. Jetzt steht es offen und leer. Wäre ja schön, wenn beide ‚Hexenhäuschen‘ wieder schick und bewohnbar werden“. Danke, Anikó! Wir beobachten das.
Ergänzung von Andreas zur Kasseler Straße (vormals Schkeuditzer Straße): „Die Likörfabrik Nitzschke produzierte von etwa 1949 bis Ende der 1960er Jahre in den Hintergebäuden der Schkeuditzer Straße 4. Zuvor war dort die Molkerei- und Butter-Großhandlung Robert Schenk tätig. Schönes Bild vom Vorderhaus! +++ Die Schokoladenfabrik hieß Gebrüder Fromme. Die startete 1881 in der Elisenstraße 31, war ein Jahr später in der Pfaffendorfer Straße 8 zu finden und errichtet sich 1885 in der Schkeuditzer Straße 8 eigene Produktionsstätten. Dort gab es von den Gebrüdern bis nach 1949 Leckereien, dann bis etwa 1957 Lebensmittel. Im selben Jahr etablierte sich dort die Efri-Gewürzmühle Leipzig, Namensgeber war Edgar Friedlein. Noch vor 1960 war die Firma Gebrüder Fromme dort vermutlich nicht mehr zu finden. Die Efri-Gewürzmühle Leipzig zerkleinerte duftendes Blattwerk bis in den Juli 2002 im mittlerweile als Kasseler Straße 8 betitelten Grundstück.“ Klasse! Danke!!!
siehe auch unseren Beitrag „Kleine Häuser in Schönefeld“ (April 2022)