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Konversation beim Kaffee

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Als wir unlängst bei Kaffee Richter* mit zwei Tässchen schwarzem Wachmacher am Stehtisch standen, kamen wir mit einem Thüringer ins Gespräch. Thema war naheliegenderweise die Leipziger Gastronomie. Was wir empfehlen könnten, wurden wir gefragt. Viel zu viel! Diverse Gartenkneipen – wir lechzen schon nach geeignetem Wetter -, unter anderem die von Schreber’s hinter der AOK. Oder aber das Brauhaus zum Napoleon draußen in Probstheida – weil unser Gesprächspartner das am Bayrischen Bahnhof erwähnt hatte. Außerdem Spizz, Verschiedenes in den beiden Karl-Straßen und neuerdings auch den Piloten gegenüber der Luise (auf das neuerdings kommen wir weiter unten zurück).

Durch das Gespräch hungrig geworden, besuchten wir spontan die L’Osteria am Martin-Luther-Ring / Ecke Markgrafenstraße. Hier waren wir schon einige Male vorbeigelaufen, dachten, das Lokal beträfe uns nicht. Zum einen wirkt es auf den ersten Blick teuer, zum anderen ist Pasta so ungefähr das Einzige, was wir auch selbst hinbekommen. Doch diesmal waren wir interessiert, inspizierten von außen unauffällig die Preise und fanden: So schlimm sind die gar nicht. Hauptgerichte unter zehn Euro, Espresso 1,50 Euro.

Drinnen präsentiert sich die L’Osteria ziemlich groß, aber gemütlich und gut besucht – wie die italienische Variante des Café Madrid in der Klostergasse (in beiden Lokalen wird man am Eingang empfangen und zu einem freien Tisch geführt) und außerdem wie Urlaub; man könnte sie genauso auch in Rom, Paris oder Barcelona finden. Ja, L’Osteria ist Teil einer Kette, allerdings heißen die nächstgelegenen Stationen Dresden, Potsdam und Bayreuth, da fällt das nicht so ins Gewicht.

Wir bestellten Penne Salsiccia, Teigwaren mit italienischer Bratwurst, und dachten nach dem ersten Bissen: Den Geschmack kennen wir doch! Welche Kräuter sind das? Es lag uns auf der Zunge, jedoch es fiel uns nicht ein. Dazu gab es Kirschlimo ohne Kohlensäure (wie in der Kindheit: Wasser mit Sirup) sowie tolle Espressi. Wir gabelten und grübelten – und  plötzlich wussten wir, worum es sich handelte! Fenchelwürste! Die hatten wir im Italien-Urlaub mal vom Grill gegessen. Wunderbar!

Wunderbar, weil lecker, frisch und riesig, finden wir auch die Bruschetta bei Valentino in den Höfen am Brühl. Dieser Italiener ist ebenfalls (relativ) neu am Platz und kocht bzw. bäckt ebenfalls in (zum Teil) offener Küche. Hier wie dort waren wir erst skeptisch – zu unrecht, wie sich herausstellte.

Und Vorurteil zum Dritten: Der Pilot in der Gottschedstraße gehört zur gehobenen Gastronomie von Dietrich Enk. Jahrelang dachten wie darum, dieses Lokal sei für uns preislich ungeeignet. Dann öffneten wir doch einmal die Tür, gingen hinein und stellten fest: Das stimmt ja gar nicht! Essen im Pilot ist bezahlbar und besonders (u.a. die Theater-Penne, um italienisch zu bleiben, aber auch das Club-Sandwich oder das Bis-17-Uhr-Frühstück „Der Pilot“).

Zuguterletzt fallen wir aus dem bisherigen Rahmen und verlassen die Innenstadt, denn in der läuft es sowieso. Das Gasthaus zur Tenne im Hof der Schulze-Delitzsch-Straße 19 empfängt uns, als wäre es aus der Zeit gefallen – positiv! Hier im beginnenden Osten der Stadt kommen wir uns vor wie auf dem Dorf – positiv! Die Gaststube ist nostalgisch dekoriert, der Neustädter Markt mit Kirche, Schule und Pögehaus befindet sich gleich um die Ecke. Wir erfreuten uns an Schnitzel und Bratkartoffeln bzw. an Kraut im knusprigen Brotlaib, dazu gab es passenderweise Gose und Allasch. Tradition, Tradition! Jetzt sehen wir erwartungsfroh der Freisitzzeit entgegen …

* siehe unseren Beitrag „Leipziger Kaffee“ vom April 2013

Nachtrag am 24.07.2020: Die Tenne heißt seit September 2018 Mala und legt den Schwerpunkt auf vegetarische und vegane Gerichte. Heute porträtiert die LVZ das Lokal und dessen Chef Johannes Zimber.