Seit zehn Jahren schon laufen die Küchenkonzerte in der Alten Schlosserei, mindestens ebenso lange macht Raik Hessel Musik. Mindestens. Mit seiner Band tempi passati besuchte er unlängst das schmucke Hintergebäude der Kurt-Eisner-Straße 66. Das Konzert war ausverkauft.
Es fand – eigentlich logisch! – in der Küche statt. 30, 40 Leute saßen beim Wein um einen großen Tisch, in der Tür des Raumes postierten sich die fünf Musiker. Wunderbar nah für alle. Hessel erzählte, sang und stellte seine Leute vor. Das Publikum staunte, was für coole Musik da aus Leipzig kam (auch wenn der Bassist aus Schwedt und der Gitarrist aus Flensburg stammen).
Mal Wüsten-Rocker und mal Liedermacher, mal Chansonniers und mal im Osten Aufgewachsene, dabei immer tempi passati, sympathisch, schön rhythmisch und beeindruckende Melodien schaffend. Ab und zu erinnern sie an Element of Crime*, sind allerdings weniger melancholisch und ließen die Küchenbesatzung in der Schlosserei beispielsweise Ahoi („Seemannslied“) rufen.
Während sich der Fuß von alleine bewegt, möchte man Gedanken und Formulierungen wie diese mitschreiben: „Wenn du Zeit hast und lang genug wartest / Wirst du sehn, wie glücklich du heut bist“, „Ein Rettungsschwimmer macht Urlaub / Sein Freibad hat wieder frei“ oder „Ja, wenn ich Glück hab, muss ich nicht mehr mit erleben / Den Kampf ums Wasser, den Kampf ums Brot …“
Hätte man dieses Konzert im Urlaub in Frankreich erlebt und wäre dort durch Zufall in ein Café oder eben einen Hinterhof mit Küche geraten, wo diese lächelnden Lebenskünstler ihre Entspanntheit mir nichts, dir nichts in Lieder verwandeln, dann hätte man wie ein Wilder herumfotografiert, eine CD erworben und zu Hause allen von diesem einmaligen Erlebnis, dieser Entdeckung vorgeschwärmt.
Wir haben eine CD („Ein Sommer geht langsam vorüber“) gekauft, schwärmen Euch die Ohren voll und geben weiter, dass tempi passati am 10. April in der Nato spielen werden. Das nächste Küchenkonzert findet bereits am 12. März statt – mit Interloop. Ach ja: Nach der Musik gab’s sogar noch Suppe – für alle. Stark.
Das Pressefoto von Robert Soujon zeigt Raik Hessel inmitten seiner Band: Johannes Uhlmann (Akkordeon; siehe auch www.ulman.info), Andreas Schneider (Schlagzeug; Percussion World), René Richter (Trompete; war in der Schlosserei nicht mit dabei), André Heyer (Bass; Schwedt, ehemals Far East Band) und Christoph Bley (Gitarre; Flensburg).
www.alte-schlosserei.de
www.liedertour.de
www.tempi-passati.com
* siehe unseren Beitrag „Eutritzsch Crime“ vom August 2013