Im September 2012 hatte Mark Daniel für uns über „Holzpflaster im Zentrum“ berichtet und Überbleibsel dieses historischen Straßenbelags gezeigt, jetzt im Januar 2015 schrieb uns Gerd K. und hatte echtes Leipziger Holzpflaster in der Tüte!
Wir trafen uns im Café Grundmann und sprachen nicht nur über das Pflaster, darüber allerdings zuerst. Gerd K. hat als Jugendlicher in der Turnerstraße* gewohnt und die Dimitroffschule (zu der Zeit eine EOS, heute wieder Petrischule) besucht. Sein Schulweg führte an der ehemaligen Markthalle vorbei, an der jetzigen Stadtbibliothek und dann durch die Münzgasse zum Floßplatz.
Am Eingang der Münzgasse, so sagt er, befand sich seinerzeit eine berühmte Pferdekneipe – „Pohle-Marie“** (rechts neben dem heutigen Café Waldi). Wir kennen diesbezüglich nur den „Pferdestall“ in Rückmarsdorf sowie die „Schmiede“ in der Breiten Straße (Ecke Crottendorfer) vom elterlichen Hörensagen.
Zurück zum Holzpflaster: Anfang der 1960er Jahre wurde es am Leuschnerplatz gegen steinernes ausgewechselt, Schüler Gerd packte sich etwa dort, wo Ganos einige Zeit Kaffee verkaufte, ein paar alte Stücke in den Ranzen – einfach so zur Erinnerung. Die ganze Straße war damals mit Holz gepflastert, erinnert sich der Leipziger. Und in der Goethestraße gab’s das auch, außerdem nach lange Zeit am Brühl – zwischen den Straßenbahnschienen.
Seitdem er die „Steine“ in seinem Besitz habe, gehe er auch ins Grundmann, erzählt Gerd Kleinert. Seit 50 Jahren?! Ja, eine Klassenkameradin wohnte damals über dem Café, da ging man auch mal unten ins Lokal, das zu der Zeit Café Lutze hieß, dann Schröer und später Günther (Café Günther – das sagt uns was).
Schließlich kamen wir noch auf die Sternwartenstraße zu sprechen. In der habe es mal neun Kneipen gegeben – am längsten durch hielt eine Gaststätte namens Perner. Weiß da jemand mehr? Gibt es vielleicht in manchen Schränken noch Fotos? Wenn ja, nehmt Euch Zeit beim Heraussuchen, die Holzpflaster-Überraschung kam ja auch erst nach circa zweieinhalb Jahren.
Nachtrag: „Einige Leipziger Straßen waren 1954 noch mit Hartholz gepflastert. Die klobigen Blöcke in Brikettgröße wurden – wie zwischen Waldplatz und Westplatz, in der Käthe-Kollwitz-Straße, in der Richard-Lipinski-Straße, in der Elster-Straße und in Apels Garten – teilweise heraus gespült und schwammen im Wasser obenauf. Sammeln, Trocknen und später Verheizen war für manche Leipziger eine willkommene Nebenerscheinung der ansonsten ernsten Situation.“
(Zitat zum Hochwasser vom Juli 1954 aus dem Buch „Leipzig. Alle Wetter!“ von Noack, Jacobs und Börngen, erschienen in der Edition am Gutenbergplatz, Leipzig 2014)
Nachtrag am 18.03.2015: Lutz H. schrieb uns: „Ich besuchte ab 1948 die Helmholtzschule in der Kanzlerstraße*** in Lindenau. Zu dieser Zeit war die Straße vor der Schule komplett mit Holz gepflastert. Vielleicht gibt es heute dort noch Hinweise!“ Vielen Dank!
Nachtrag am 08.08.2018: Es trafen weitere, detailreiche Informationen ein! Vielen Dank an Eberhard K., welcher mailte: „Unmittelbar neben dem Eingang Münzgasse, also der rechte Teil, war die Ponydiele und hieß ‚Marie Pohle‘. Tolles Essen, die Krönung waren die Klopse. ‚Marie Pohle‘ wurde so um die 60er Jahre geschlossen, irgendwas war mit der Steuer o.ä.. Scherzhaft sagte man: Die ist verhaftet worden. Warum denn? Da waren Sägespäne in den Klopsen. Äh? Ja, die hat ein Schaukelpferd mitverarbeitet …
Es war die Großmutter meines Klassenkameraden in der Martinschule, Peter P.. Das Schlachthaus befand sich in der Ungerstraße, schräg rüber von der Eishalle bzw. Eisfabrik. Wenn geschlachtet wurde, stand eine Riesenschlange vor dem nur an diesem Tag geöffneten Ladengeschäft. Aus dem Schlachthaus kamen durch meinen Klassenkameraden sogenannte Wurstpfeiler, circa 30 cm lange dünne Holzspieße, und vor allem viel Bindfaden – alles, was man zum Bau von vier- und sechseckigen Drachen brauchte.
Ich war 1959 das letzte Mal in der Ponydiele. Übrigens haben wir immer gern im Untergeschoss, im Keller gesessen. Vom Erdgeschoss ging es auf einer kurzen Wendeltreppe nach unten, und an der Wand hing auf halber Treppe eine Schwindelmaschine, also ein für damalige DDR-Verhältnisse sonst nicht anzutreffender Glücksspielautomat.“
* der Name bezieht sich bestimmt auf die benachbarte Turnhalle (Leplaystraße)
** Ulla Heise erwähnt das Lokal in ihrem 1996 erschienenen Buch „Zu Gast im alten Leipzig“ als „Marie Pohlers Roßfleischgaststätte (genannt Ponny-Diele um 1950/60)“; im Adressbuch von 1949 ist zudem eine Roßschlächterei Walter Pohle in der Münzgasse 8 vermerkt
*** heute Helmholtzstraße