Anfang Februar wandte sich Frank Gottert vom Leipzig Marathon e.V. an uns, er sei auf der Suche nach der alten Giebelinschrift am Haus Riesaer Straße 51. Eine historische Ansichtskarte, auf der die oberen Zeilen zu erkennen waren, schickte er mit und ein Foto von vor etwa drei, vier Jahren. Bei uns auf der Seite hatte er „die gesuchte Wand mit der Aufschrift der Bache-Eichwald AG gefunden, aber um diese ging es mir nicht. Es geht um das, was drüber und drunter steht, was also ein paar Jahrzehnte vorher auf der Giebelwand stand. Von 1891 bis 1930 gab es in diesem Gebäude das Vergnügungslokal Neuer Gasthof Paunsdorf.“
Zum Hintergrund seines Interesses erklärte er: „Der Gasthof als Start und Ziel des ersten deutschen Marathonlaufs 1897 ist eine Station der Leipziger Sportroute, die ja demnächst ‚geweiht‘ werden soll. Da wäre es schön, wenn bekannt wäre, was auf dieser Wand steht. Vielleicht kann sie im Rahmen der geplanten Stadtteilsanierung mit restauriert werden? Immerhin geht es hier auch um ein Paunsdorfer Kulturdenkmal.“
Frank Gottert verdanken wir das fast 500 Seiten starke Buch „Marathonstadt Leipzig – Die Marathonläufe in Leipzig 1897-2018“, erschienen im Leipziger Universitätsverlag. Dort schreibt er: „Der Marathonlauf gehört seit den Olympischen Spielen von 1896 zum modernen Sport. Seit 1897 wird er auch in Leipzig gepflegt.“ Das hatten wir nicht gewusst, auch nicht, dass unsere Stadt am 5. September 1897 „erster Austragungsort eines deutschen Marathonlaufes gewesen“ ist. Organisiert hatten den die Sportbrüder aus der Wintergartenstraße, gelaufen wurde von Paunsdorf nach Bennewitz (kurz vor Wurzen) und wieder zurück. Schnellster war mit Theodor Schöffler ein Fußballspieler des VfB Leipzig.
Wir fuhren nach Paunsdorf und sahen den einstigen Gasthof restauriert, der Giebel war von Schrift befreit. Also suchten wir die Bilder von 2015 heraus, die wir damals glücklicherweise gemacht hatten, als wir eigentlich nur das Schild Sachsenstraße fotografieren wollten (siehe unseren Beitrag „Sachsen Leipzig II“ vom April 2015). Großgezogen am Bildschirm konnten wir unter der Bache-Eichwald-Reisetaschenwerbung erst Buchstaben und dann Worte wahrnehmen, die zum Neuen Gasthof gehörten: Garten, Billard, Freundl. Gesellschaftszimmer, Glas-Colonade sowie Alex Berger. Auf dieser Basis setzte sich Frank Gottert mit Lupe und Sachverstand noch einmal vor die Dokumente und das Puzzle zusammen, „Irrtümer eingeschlossen“, wie er sympathisch bescheiden sagt:
Neuer Gasthof Paunsdorf
Schankwirtschaft & Etablissement
Grosser Concert & Ballsaal
Schattiger Garten
Freundl. Gesellschaftszimmer, Glas-Colonade
Billard & Kegelbahn
Bewirtung & Ausschank feiner Liqueure
Ale und Lager
Tolle Leistung, auch wenn der von uns vermutete Alex(ander) Berger sich als Ale und Lager entpuppte! „Jetzt geht es darum“, meint der findige Marathonmann, „durch Fotos o.ä. zu belegen, dass diese Version stimmen könnte. Danach muss eine grafische Vorlage entstehen. Und dann auch die Frage geklärt werden, ob der Giebel restauriert werden soll.“ Wir sind dafür und fragen in die Runde: Hat noch jemand historische Unterlagen, Fotos, Rechnungen vom Neuen Gasthof Paunsdorf?
siehe auch unsere Beiträge „Manfred beim Marathon“ (April 2012) und „Beim Leipziger Marathon“ (April 2015)