Von Heike und Thomas Eigler, die im Capa-Haus an der Angerbrücke ein gemütliches Café betreiben, haben wir sensationelles Material abgestaubt, d.h. ausgeborgt und eingescannt. Es handelt sich um eine Speisekarte der Vorgängerlokalität Tanzbar Melodie aus den 1960er Jahren, um alte Ansichtskarten und ein Eintrittsbillet.
In zwei Folgen wollen wir unsere große Freunde darüber mit Euch teilen sowie die Frage stellen: Was, zum Teufel, ist Cü-Co? Die Eiglers wissen es nicht, die Leglers* wissen es nicht und wir erst recht nicht. Eine der Frauen an unserer Seite vermutet Curaçao-Cola? Aber gab es 1960 in Leipzig Cola? Auf der Karte suchen wir sie vergebens, entdecken aber jede Menge anderer Getränke. Denen widmen wir uns jetzt, den interessanten Speisen dann in Teil 2.
Beginnen wir mit Flips und Fancy Drinks (fancy – klingt, als wär es der Jargon von heute). Hier finden wir in einer Reihe mit dem rätselhaften Cü-Co namhafte Bretterknaller wie Nikolaschka, Koks und die Prärie-Auster, auch Gin-Fizz, den Kuß mit Liebe oder Knickebein (= Eierlikör, sagt Andreas Legler) mit Pfefferminz bzw. Cherry-Brandy. Die Flips – Zitrone, Portwein, Silber und Mokka – enthielten sämtlich ein Ei, das hätten wir uns kaum bestellt.
Alkoholfrei zu haben waren Tomatensaft, Süßmost und ein Fruchtflip mit Ei – natürlich. Es gab französischen Cognac, sowjetischen Weinbrand und unter dem Stichpunkt „Heiße Getränke“ zwischen Grog und Glühwein das nächste Rätsel: Der Seehund**! Was war denn das nun wieder? Auf der Weinkarte tummeln sich 1957er und 58er Tropfen aus Rumänien, Ungarn und Jugoslawien, ebenso aus Österreich, Westdeutschland und Italien. Die Flasche Rotkäppchen-Sekt kostete hier am 12. Mai 1960 18,50 Mark, der sowjetische Champagner 21,50 Mark.
Die Cocktailkarte schließlich führt Namen wie Ohio und Blondes Gift, Martini, Rauhreif sowie Schneegestöber auf. Darunter sind jeweils die Zutaten vermerkt. Verrückt erscheint uns wieder ein Getränk mit Ei, nämlich der Cocktail Kakao, zusammengesetzt aus Kakao mit Ei, Kirschlikör und Weinbrand – süß und nahrhaft. Untendrunter lesen wir „Auf Wunsch werden Ihnen diese Getränke auch am Tisch serviert“ und fragen uns: Wo denn sonst? Na gut, wahrscheinlich direkt an der Bar …
* siehe unseren Beitrag „Die jüngsten Wirte der Stadt“ (Juni 2016)
** „Glühwein aus Weißwein“, schrieb Rolf auf unsere Facebook-Seite. Vielen Dank!