Wir haben sie bereits erwähnt, die beiden Bücher namens „Bootstouren in Leipzig“, Kurs 7, der Stadtkurs, führt durch Schleußig und Plagwitz. Gestartet wird am Bootshaus Klingerweg (früher Bootshaus Sturmvogel), befahren werden Weiße Elster, Elsterflutbett und der Karl-Heine-Kanal. Überhaupt Karl Heine! Dem vorausschauenden Geschäftsmann verdanken die genannten Stadtteile ihre heutige Gestalt.
Autor Denis Achtner stellt uns Dr. Heine kurz und schlüssig vor. Seiner Familie gehörte Reichels Garten, 127.000 Quadratmeter westlich der Innenstadt (Reichelstraße), doch „das Areal … wurde regelmäßig überschwemmt“. Verständlich, dass der Spross den „Grundbesitz … entwässern“ wollte und im Anschluss daran „Bauland für neue Wohn- und Gewerbegebiete schaffen“. Das Vorhaben gelang und wurde von Heine später in den Dörfern Schleußig und Plagwitz wiederholt.
An der Grenze beider Stadtteile steht die Karl-Heine-Villa – zwischen Könneritzbrücke und Bootshaus Klingerweg. Hier floss – wie wir im Buch (Seite 79) erfahren – neben der Weißen Elster einst auch die Rödel, ein Gewässer, das es nicht mehr gibt. Die Villa, „1874 von R. Hercher im Stil des Historismus erbaut“, wurde von 1949 bis 1990 als Kinderheim unter dem Namen „Fritz Gietzelt“* genutzt, dann privatisiert und fällt heute u.a. mit prächtigen Blumenbalkonen zur Wasserseite hin auf.
Am besten zu sehen sind diese von der Könneritzbrücke aus, über die Denis Achtner Interessantes zu berichten weiß. Zum Beispiel dass sie nach dem einstigen Leipziger Kreishauptmann und späteren sächsischen Finanzminister Léonce-Robert von Könneritz benannt ist und eine von Heine initiierte hölzerne Vorgängerin hatte – in Schleußig wurde gewohnt, in Plagwitz gearbeitet, die Leute mussten über den Fluss.
Stichwort Arbeit: Auf Plagwitzer Seite (in der Nonnenstraße) fallen heute noch das einstige Versandhaus Mey & Edlich sowie die ehemaligen Buntgarnwerke auf. Carl Ernst Mey und Emil Bernhard Edlich machten sich mit Papierkragen einen Namen und verschickten bereits im 19. Jahrhundert 450 Seiten starke illustrierte Kataloge an ihre Kunden. „Zu den angebotenen Artikeln gehörten unter anderem Papier-, Stoff- und Gummiwäsche, Strumpfwaren, Teppiche, Gardinen, Vorhänge, Toilettenwaren, Parfüme, Lederwaren, Schirme, Kolonialwaren, Liköre, Zigaretten und so weiter.“
Papierkragen wurden hier bis 1971 produziert, erfahren wir und staunen darüber. Die Eigentümer allerdings waren bereits in den 1950er Jahren in den Westen gegangen, ihr Unternehmen „musste im Jahr 2004 Insolvenz anmelden. Das Versandhaus Walbusch aus Solingen erwarb daraufhin die Markenrechte … und baute einen reinen Versandhandel für Herrenoberbekleidung in Leipzig auf“. Wer weiß das schon?
Begeben wir uns zurück aufs Wasser: Der 1888 begründete Bootsverleih Herold (zunächst Seifert) wird vorgestellt und es gibt Erläuterungen zu den Wasserfahrzeugen der Restaurants „Thiseas“ und „Da Vito“. Die Griechen haben eine Bireme, den Nachbau eines antiken Kriegsschiffes, auf der Elster liegen, die Italiener lassen zur Freude der Leute Gondeln über die Wellen gleiten.
Uns haben Denis Achtners „Bootstouren“-Bücher Freude bereitet – sie sind kompakt und faktenreich, aussagestark zu hiesiger Vergangenheit und Gegenwart und beinahe verschwenderisch bebildert.
* siehe dazu auch unseren Beitrag „Die Hilfsschule West II“ (Juni 2014)
Nachtrag I: Das Riverboat über dem Karl-Heine-Kanal, wenige Meter nach dessen Abzweig von der Weißen Elster für den MDR auf eine alte Brücke gebaut, wird seit kurzem wieder für Veranstaltungen genutzt (www.kulturhafen-riverboat.de). Der Zugang erfolgt über die Erich-Zeigner-Allee, die bis 1949 Elisabethallee hieß – darum Elisabethbrücke.
Nachtrag II: Den Leuchtturm an der Weißen Elster erreicht man ebenfalls von der Erich-Zeigner-Allee aus. Kurz nach der Einmündung der Nonnenstraße führt ein Fußweg – neben einer Baustelle – zum Fluss, Hausnummer ist die 65a. Leider wird der Leuchtturm nicht mehr als Imbiss betrieben (siehe unseren Beitrag “Auf der Weißen Elster” vom Juni 2012).