(J.R.) Traditionell am dritten Wochenende im August lockte das Leipziger Wasserfest rund um die Sachsenbrücke mit zahlreichen Aktionen, Konzerten und Mitmachangeboten an und auf die Gewässer der Messestadt. Abseits dieses erfrischenden, spritzigen und spaßigen Wochenendes erschien das Buch „Wenn ein Schiff vorüberfährt“. Das Meer, der Wind, die Wellen und natürlich die Schiffe, die diesen trotzen und ihrem Kurs folgen – all das hat den Filmfreund Jens Rübner schon immer fasziniert und inspiriert. Einen seiner Kindheitsträume, Seefahrer, korrekter Smutje, also Schiffskoch in der Kombüse, zu werden, konnte er nicht verwirklichen, doch in seinem künstlerischen Schaffen hat er ihn nie losgelassen. Bereits im Jugendalter sah er gern Filme aus dem Seefahrermilieu. Ein Schiff davonfahren zu sehen, befreit und entfesselt den Drang nach Ferne und Weite, Sehnsüchte, die für ihn damals schienen …
Sein allerletztes Buch bringt Geschichten, die sich im weitestgehenden Sinne mit dem Leitmotiv Schiff befassen. Ob U-Boot, Dampfer, Kahn, Narrenschiff oder Luxusliner – es dreht sich alles um die aufregende Welt der Wasserfahrzeuge im Film- und Fernsehgeschäft, ob unter dem Signet der UFA, der DEFA, aus den beiden deutschen Staaten – BRD und DDR – oder dem internationalen Filmgeschäft, mit Gewissheit ist für jeden etwas dabei! Wer immer es zur Hand nimmt, wird es mit eigenem Empfinden tun. Der Ostdeutsche von einst wird vielleicht sagen: „Genau so war es.“ Der Westdeutsche von damals wird möglicherweise resümieren: „Ach, so war es?“ Und Widerspruch ist natürlich immer möglich, hat doch jeder seine eignen, ganz persönlichen Erfahrungen gemacht.
„Klabautermann führt das Narrenschiff“ – diese vier Wörter stammen aus der Feder von Reinhard Mey (Jahrgang 1942), eines Musikers mit viel Herz und Verstand. „Das Narrenschiff“ heißt das musikalische Kunstwerk, es stammt aus dem Jahr 1998 vom Album „Flaschenpost“ und beginnt mit folgenden Zeilen: „Das Quecksilber fällt, die Zeichen stehen auf Sturm, nur blödes Kichern und Keifen vom Kommandoturm. Und ein dumpfes Mahlen grollt aus der Maschine und Rollen und Stampfen und schwere See. Die Bordkapelle spielt Humbatätärä. Und ein irres Lachen dringt aus der Latrine. Die Ladung ist faul, die Papiere fingiert, die Lenzpumpen leck und die Schotten blockiert, die Luken weit offen und alle Alarmglocken läuten. Die Seen schlagen mannshoch in den Laderaum und Elmsfeuer züngeln vom Ladebaum. Doch keiner an Bord vermag die Zeichen zu deuten.“ Und dann folgt der geniale Refrain: „Der Steuermann lügt, der Kapitän ist betrunken und der Maschinist in dumpfe Lethargie versunken. Die Mannschaft: Lauter meineidige Halunken. Der Funker zu feig, um SOS zu funken. Klabautermann führt das Narrenschiff. Volle Fahrt voraus und Kurs aufs Riff!“ Ein weiteres schönes Detail sind die Morsezeichen, welche man zum Ende des Liedes wahrnimmt, es soll übersetzt „In der Kombüse ist die Hölle los“ bedeuten.
Manche/r fragt sich jetzt bestimmt, was hat denn das mit dem Buchthema zu tun? Berechtigte Frage, aber Klabautermann, Narren und Schiff, da war, ist doch etwas? Der Klabautermann, Kalfatermann oder Klabattermann ist im seemännischen Aberglauben ein Schiffsgeist oder Kobold, der – meist unsichtbar – den Kapitän bei Gefahren warnt, und der US-amerikanische Schwarzweiß-Spielfilm „Das Narrenschiff“ aus dem Jahr 1965 erzählt von verschiedenen Passagieren, die sich zu Beginn der 1930er Jahre auf einer 27 Tage dauernden Seereise von Veracruz nach Bremerhaven befinden. Das Buch „Wenn ein Schiff vorüberfährt“ (220 Seiten mit zehn Schwarzweiß- und 14 Farbfotos, Festeinband) ist über die Internetseite www.defa-filmfreund.de zu haben.
Die Fotos sind bis auf das Cover nicht aus Jens‘ Buch, sondern von uns, Geheimtipp Leipzig