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Altes Plagwitz

Altes Plagwitz

Wenn wir aus Schleußig kommen, biegen wir vom Kreisverkehr an der Industriestraße meistens nach rechts in die Erich-Zeigner-Allee und dann erst vorn an der Weißenfelser wieder nach links. Wer etwas entdecken will, darf aber nicht nur Routinestrecken nutzen. Diesen Gedanken beachtend, fuhren wir letztens ebenso spontan wie absichtlich in die Schmiedestraße hinein und standen plötzlich vor einem historischen Schild: Klempnerei für Bau-Gas-Wasseranlagen Reinhold Zeibig.

Es erinnerte uns in seiner Aufmachung an die selige Klosettfabrik im Bachviertel*. Wir stiegen vom Rad, um ein Foto anzufertigen. Danach schweifte unser Blick nach links und nahm ein flaches, ungewöhlnliches Gebäude wahr, die alte Plagwitzer Turnhalle, wie sich uns beim näheren Mustern erschloss. Neben der Tür entzifferten wir: „Turnverein zu Plagwitz / Eingang über Lauchstädter Str. 6-8“. Darunter ist, wenn man noch dichter herangeht und die Augen auf maximalen Kontrast einstellt, zu lesen: „Frauen … Mittwoch … während d. Übungsstunde entgegen genommen …“ Das macht neugierig! Sieht jemand mehr oder kennt den gesamten Text aus anderen Quellen? Bei der Beschriftung oberhalb der Tür gab es übrigens keine erkennungsdienstlichen Probleme. Die Sportfreunde der Gründerzeit – Baujahr war 1886** – widmeten „Dem Vaterland die ganze Kraft“.

* siehe unseren Beitrag „Schilbachs schöne Schüsseln“ (Januar 2018) sowie ergänzend „Die Grenzen von Plagwitz“ (Dezember 2014)
** im Internet findet sich nach kurzer Suche ein passendes pdf „Kulturdenkmale im Freistaat Sachsen – Denkmaldokument“, in dem steht Näheres zur Baugeschichte der alten Plagwitzer Turnhalle; siehe auch unseren Beitrag „Die Sieben von der Turnhalle“ (März 2023)

Nachtrag am 29.02.2020: Tilo hat sich gemeldet und beim Thema „Altes Plagwitz“ zu recht auf das Gosenschlösschen in der Alten Straße hingewiesen. Wir fotografierten es gestern und wenige hundert Meter entfernt gleich noch ein weiteres interessantes Bauzeugnis. Danke, Tilo! Danke ebenfalls an Thomas, der uns schrieb: „Alte Straße 6, erbaut vor 1880, durchgängig Gastwirtschaft, aber ohne diesen Eigennamen. Ab 1939 Gaststätte ‚Gosenschlößchen Plagwitz‘ (Gastwirt Richard Zöllner).“

Und Thomas wusste auch Einzelheiten über das außerdem von uns abgelichtete Weiße Haus: „Das Gebäude ist heute die Alte Straße 29. Wenn die Nummerierung früher auch schon so war, dann verrät uns das Adressbuch von 1943, dass der Eigentümer der Grundstücke Alte Straße 25-29 die Pittler Werkzeugmaschinenfabrik Abteil. Eisengießerei war. Diese wiederum hatte 1927 die Dampfmaschinen-Fabrik Mügge & Co. aufgekauft, die dort ansässig war. Laut Adressbuch von 1943 wohnte in der 1. Etage der Alten Straße 29 auch noch ein Mügge. Auf einer anderen Webseite ist zu lesen: ‚1979 – Die ehemalige, stark ruinöse Gießereihalle wird abgerissen / 1999 – Die Wohnbebauung auf dem Fabrikgelände wird abgeschlossen‘. Das könnte alles zusammenpassen. Die Gießerei ist verschwunden, an ihrer Stelle stehen jetzt die neuen Häuser. Übrig blieben nur das alte Wohnhaus und das hallenartige Gebäude nebenan. Die Alte Straße 27 war die Schmiede der Firma Mügge & Dambacher, die 29 das Fabrikantenwohnhaus und Kontorgebäude.“ Wir sind beeindruckt!

Nachtrag am 05.03.2020: Und noch einmal herzlichen Dank an Tilo! Er stellte uns ein historisches Foto des Gosenschlösschens zur Verfügung. Auf dem wird gerade Döllnitzer Ritterguts-Gose geliefert.

Nachtrag am 15.05.2020: Von Steffi bekamen wir eine prima Postkarte vom 1909er Hochwasser in der Alten Straße. Danke!

www.leipziger-gose.com