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Berliner Straße

Berliner Straße

Die Berliner Straße in Leipzig ist nicht besonders hübsch, eigentlich schon hässlich. Wir Eingeborenen erklären uns das mit der einstigen Rivalität zwischen beiden Städten (vor allem zu DDR-Zeiten, obwohl die Straße auch vor 1949 als solche existierte) und der sächsischen Abneigung gegenüber Preußen. Bahnhofsgegenden, und dazu zählt die Berliner Straße, sind oft weniger attraktiv.

Die Kurt-Schumacher-Straße (ehemals nach Rudolf Breitscheid benannt) fügt sich ins Bild, ebenso die Roscherstraße und die mit dem klangvollen Namen Am Gothischen Bad. Da schlendert man nicht lang, sondern eilt hindurch, da sieht es nach Gewerbegebiet und Rückseite aus – zwar zentrumsnah, aber nicht repräsentativ. Wir fragen uns schon lange, ob unsere Altvorderen einst mit Absicht eine nicht so schöne Straße nach der ungeliebten Hauptstadt benannt haben.

siehe auch unsere Beiträge „Luxusmöbel und Geldschränke“ (November 2020), „An der Parthe, Teil 1 und 2“ (Dezember 2019) sowie zur Besseren-Berlin-Thematik „Das Gelbe von Gohlis“ (November 2013)

Thomas auf Facebook:Die Berliner Straße wurde natürlich nach dem Berliner Bahnhof benannt, der sich bis 1912 in der Petzscher Mark auf Höhe der heutigen Apelstraße befand. Diese Bahnstrecke verband in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts Leipzig mit Berlin.“ Danke, Thomas! Du hast recht, aber auf unsere Vermutung musste man kommen, wenn man die Berliner Straße in den 1980er und 1990er Jahren kannte – laut, dreckig und unter der alten Bahnbrücke immer dunkel.

Ergänzung von Thomas zum Eckhaus am Eingang der Berliner Straße: „Im Erdgeschoß des Eckhauses (Breitscheidstraße) war damals der legendäre Tabak- & Lottoladen des Herrn Erbse. Auf der Seite zur Berliner Straße hin war seinerzeit eine Drogerie. Nach der Wende, wohl in den frühen/Mitte 90er/n, als in der Roscherstraße der Straßenstrich Hochkonjunktur hatte, war in dem Haus (im ehemaligen Laden des Herrn Erbse) der legendäre ‚Löwenpub‘. 24 h am Tag geöffnet, 7 Tage die Woche. Was sich da an Klientel getroffen hat!!! …, trotzdem war’s ganz nett da drin . Nicht weit weg vom ‚Löwenpub‘ in Richtung Hauptbahnhof war befand sich das nächste ‚Domizil‘ der Szene, das ‚Liberty‘… Wenn ich mich recht entsinne sind da in den 90ern mal Zuhälter verschiedener Couleur mit Kettensägen aufeinander losgegangen … Und just genau in dieser Ecke fand im Oktober 1913 die ‚Leipziger Löwenjagd‘ statt, aber das ist schon wieder ’ne völlig andere Geschichte.“ Interessante Stadtgeschichte/n! Danke, Thomas!

Nachtrag im März 2024: Monika löste ein Rätsel, das uns seit 2022 beschäftigte. Es geht um eine Ruine in der Berliner Straße, an welcher ein Firmenschild überlebte – leider konnten wir es nicht lesen. Monika hingegen konnte das und schrieb uns auf Facebook: Benzien & Leopold Nachf. Herzlichen Dank!

Björn ergänzte: „… zu DDR-Zeiten geführt von Herrn Bäßler, er hat das Unternehmen geführt für die hochbetagten privaten Eigentümerinnen. Als Herr Bäßler in den 80er Jahren gestorben ist, wurde diese privat geführte Firma leider abgewickelt.“ Ebenfalls herzlichen Dank für diese Information!

Googelt man nach der Firma, findet man im Adressbuch von 1949 die Erläuterung: Chemikalien-Großhandlung, Inhaber Dr. Kurt Fischer und Gerhard Bachmann, Berliner Straße 52-68. Nach einem anderen Dr. Kurt Fischer war zu DDR-Zeiten die Pfaffendorfer Straße benannt.