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Das Millionendorf

Das Millionendorf

Wer außerhalb von Abtnaundorf weiß, dass dieser bis 1930 selbständige Stadtteil einst das Millionendorf war? Wir wussten es nicht, erfuhren es aber bei einem Spaziergang durch den Abtnaundorfer Park und die angrenzenden Straßen. Ein Schild nahe des Tempels wies darauf hin sowie die Speisekarte im Abtnaundorfer Hof, in dem wir uns nach unserer Winterwanderung bei Kaffee und Pommes Frites aufwärmten.

Seit dem 18. Jahrhundert, in dessen Mitte Dr. Traugott Thomasius hier den Rittergutspark anlegte, ließen sich reiche Leipziger tolle Häuser in Abtnaundorf errichten. Laut Hinweisschild des Zweckverbandes Parthenaue (siehe Foto) verfügte der Gemeinderat im Jahr 1895, „dass in der Herrengasse nur Villen erbaut werden durften“. Die heutige Abtnaundorfer Straße wird daraufhin erst recht zur Millionendorfstraße. Wahrhaftig eine Million Reichsmark hatte die Bankiersfamilie Frege (Fregehaus, Fregestraße, Tote-Hosen-Sänger Campino alias Andreas Frege*), seit 1798 im Besitz des Rittergutes, zwischen 1891 und 1893 hier ausgegeben – für den Bau des Schlosses, welches zu DDR-Zeiten als Kinderkrankenhaus genutzt worden war.

Der weiträumige Wirtschaftshof von Gut und Schloss entstand laut Information des Abtnaundorfer Hofs 1856-67 und sieht heute noch angenehm ländlich aus. Pferde klappern auf dem Pflaster, und in der gemütlichen Gaststätte im Keller suchen neben uns eine Familie mit lustigen, kleinen Kindern, zwei junge Frauen sowie ein einsamer Zeitungsleser Schutz vor der Kälte. Später kommen drei plaudernde Frauen im „Mutti-Alter“ hinzu. Die Stimmung ist gut, die Bedienung freundlich, ein großer Hund achtet auf Ordnung und Sicherheit. Im Lokal bieten sechs Tische und eine hölzerne Theke Platz, an warmen Tagen steht draußen ein Freisitz zur Verfügung. Wir werden im Frühling mal mit dem Fahrrad auftauchen …

„Aktuell erworben haben wir das Schloss Abtnaundorf in Leipzig. Eine wunderschönes Residenz mit eigenem Schlosspark, idyllisch gelegen und gleichzeitig Zentrumsnah. Das Schloss Abtnaundorf zählt zu den bekannten Sehenswürdigkeiten in Leipzig“, informiert die Progetto Germany GmbH auf ihrer Seite im Internet. „Die jetzige Schlossanlage entstand 1891 – 1893 in Stilformen deutscher Renaissance, nach den Entwürfen von Peter Dybwad“, heißt es weiter und dass „das Gesamtanwesen 1999 – 2001 vollständig saniert und modernisiert und zu einem exklusiven Wohn- und Geschäftshaus umgebaut“ wurde.

www.abtnaundorfer-hof.de +++ www.progettogermany.de

Aus einer Pressemitteilung des Amtes für Stadtgrün und Gewässer vom 12.02.2014:
Pappelbestand im Abtnaundorfer Park wird verringert

„Ab Donnerstag, 13. Februar, beginnen im Abtnaundorfer Park umfangreiche Fällarbeiten an dem in die Jahre gekommenen Pappelbestand. Die Bäume im Alter von über 70 Jahren werden aus dem Parkteil entnommen, weil sie in den letzten Jahren bereits vereinzelt entwurzelt worden sind und die Verkehrssicherheit in den nächsten Jahren nur noch mit sehr großem Aufwand zu gewährleisten wäre.

Die Entnahme der Pappeln erfolgt zudem auf Grundlage der seit Ende des Jahres 2013 vorliegenden denkmalpflegerischen Rahmenzielplanung für den Park und ist damit ein erster Schritt zu deren Umsetzung. Die Fällarbeiten werden circa 14 Tage dauern, anschließend erfolgt in Abhängigkeit von der Witterung der Abtransport der Baumstämme, so dass bis Ende März mit erhebliche Einschränkungen der Wegenutzung im Park zu rechnen sein wird.“

siehe auch unseren Beitrag „Schön versteckt: Abtnaundorf“ (Oktober 2017)

* Die LVZ vom 12.07.2022 zeigt Campino auf einem Foto mit dem Schild Fregestraße und erklärt im zugehörigen Beitrag: „Campinos Linie führt allerdings nicht direkt zu Christian Ferdinand, er ist bloß ein Urenkel dessen Onkels.“ Weiterhin wird erläutert: „Ganz genau gesagt geht der Stammbaum der Freges auf Christian Gottlob Frege zurück. Ein fleißiger Mann, der das Familienvermögen um 1739 mit einem Laden für Trockenfisch und -früchte in der Grimmaischen Straße aufbaute. Frege hatte außerdem einen Sohn, Christian Gottlob II., der im Leipziger Stadtrat saß und auch im Direktorium des Gewandhauses … Gottlobs Bruder ist damit ein Urgroßvater Campinos“.