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Der Elefant von Kühren

Der Elefant von Kühren

Letztes Wochenende fuhren wir über Wurzen und Oschatz nach Riesa zu einer Schulanfangsfeier. Die Strecke führte uns über Kühren, wo wir den dortigen Elefanten fotografierten und uns fragten: Wie, was und warum?

Auf der Internetseite des Heimatvereins Kühren stehen die Details – es gibt sogar Bezüge zu Leipzig! Im Garten der Gaststätte „Stadt Leipzig“ nämlich feierte der Kaufmännische Verein zu Wurzen am 8. Juli 1888 ein Sommerfest.

„Am Spätnachmittag ließ man einen aus dünnem Seidenstoff gefertigten Luftballon steigen, der die Form eines Elefanten hatte … Dieser trieb bei ruhigem Westwind auf Kühren zu. Der Spiritusvorrat, der die Heißluft zum Auftrieb erzeugte, war erschöpft, der Ballon ging bei den Probstwiesen (Stauchauer Mark) nieder und stellte sich in ein fast reifes Kornfeld.“

„Der Bauer Theodor Schlegel wollte an diesem schönen Abend nach den reifenden Saaten schauen … Bahnwärter Seidel mähte am Wegrand etwas Ziegenfutter und schaute ebenfalls. Bauer Heinrich Ulbricht gesellte sich zu beiden. Er kam von der Wildentenjagd mit umgehängter Flinte.“

Letzterer „gab auf den noch aufgeblasenen Ballon einen Schrotschuss ab. Der Elefant wiegte sich weiter im Abendwind und Ulbricht schoss zum zweiten Mal. Der Ballon sackte völlig zusammen … Triumphierend zogen die (Kührener) Kinder mit den Fetzen der Elefantenhaut ins Dorf.“

„Ein Wurzener Witzbold brachte die Begebenheit fantasievoll in Reime – als ‚Elefantenmord zu Kühren‘. Das Gedicht wurde im Wurzener Tageblatt … veröffentlicht. Nun gab es natürlich Anlass, … ganz Kühren zu hänseln.“

88 Jahre später, 1976, drehten die Dorfbewohner den Spieß um und machten sich den Elefanten ein zweites Mal zu eigen – diesmal in Beton! „Die Idee zum Bau eines Betonelefanten geht auf eine Stammtischwette um zwei Kästen Bier zurück, die der damalige LPG-Elektriker Friedrich Naumann im Gasthof ‚Zum wilden Richard‘ (heute Raststätte ‚Zum Elefanten‘) abschloss … Modell stand ein Artgenosse aus dem Leipziger Zoo.“

„Der Elefant steht auf dem Marktplatz und wird als Springbrunnen genutzt. Die Grundmauern für den Brunnen setzte Maurer Karl-Heinz Naumann.“ Dessen Frau und Kinder formten den Koloss. Er bestand „aus einem Metallgerüst, das mit einem Drahtgitter umgeben wurde, um dem Beton besseren Halt zu bieten.“

„Wilfried Leßig transportierte die Skulptur mit einem Gabelstapler der LPG auf die Viehwaage in der Schulstraße. Der Elefant wog mehr als eine Tonne. Die Kosten lagen bei 3.000 Mark.“ Im Januar 2007 stellte sich heraus, dass das Wappentier (seit 1987!) baufällig ist.

Es folgten Straßensammlungen in Kühren, Streuben, Trebelshain und Umgebung – „ein neuer Elefant konnte gekauft werden. Im Mai 2008 erfolgte der Abriss und die Entsorgung des alten Elefanten. Am 11.07.2008 wurde anlässlich des 120. Jahrestages des Elefantenmordes der neue Elefant eingeweiht.“

Heute gehört Kühren zu Wurzen. Angesichts der Hänseleien werden sich die Kührener für diese Eingemeindung „bedankt“ haben. Wir danken dem örtlichen Heimatverein und den historischen und gegenwärtigen Zufällen für diese ungewöhnliche Geschichte!

heimatverein-kuehren.de