Anwohner und Hundeausführer werden ihn kennen, die meisten Leipziger allerdings nicht – den stillgelegten Friedhof in der Leinestraße, schräg gegenüber der Einfahrt zur Krähenhütte. Vom Tor, das mit dem Hinweis „Betreten auf eigene Gefahr“ versehen ist, aus wirkt das Gelände wie ein Stück verwilderter Auewald. Hat man es dann betreten, sieht man zwischen hohem Gras und schiefen Bäumen einzelne Grabsteine, zum Teil sogar noch gepflegte und bepflanzte Grabstätten! Wir danken Thomas aus Connewitz herzlich für seinen Tipp, uns die Ecke doch mal anzusehen.
„Es freut mich, dass auch ich etwas Neues zeigen konnte, was interessant ist! Den Dölitzer Friedhof hatte ich, wie oft, auch nur durch Zufall entdeckt: Ich kam mit dem Rad von einem Freund in Wachau und bin dann absichtlich mal ‚falsch abgebogen‘ und sah dann das kleine Brücklein an der Leinestraße mit Weg zum Friedhof“, erklärt er. Nachdem wir dort gewesen waren, suchten wir im Netz und fragten am Telefon herum. Die Anlage gehört nicht etwa zur nahen Auenkirchgemeinde in Markkleeberg, wie wir zunächst dachten, sondern zu Connewitz bzw. der Kirche im Süden.
Eine Umwidmung des vermutlich bis in die 1990er Jahre als Friedhof genutzten Grundstücks sei nicht geplant, erfuhren wir bei einem Anruf in der zuständigen Friedhofsverwaltung. „Ein eigener Friedhof für Dölitz 1877 leitete eine Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse ein“, lasen wir auf der Internetseite der Auenkirchgemeinde und wissen dank der Denkmalliste Denkmalpflege Sachsen, dass es hier an der Leinestraße einst eine neogotische Leichenhalle von 1877 sowie einen Glockenturm aus den 1950er Jahren gegeben hat.
Nachtrag am Erscheinungstag: Stefan hat sich gemeldet, er schreibt: „Auf dem stillgelegten Friedhof in/an der Leinestraße liegt mein Urgrossvater begraben und ich weiss, dass ich Anfang der Nullerjahre mit meinem Vater noch einmal kurz dort war und das Grab besucht hatte. Zu dieser Zeit waren dort noch wesentlich mehr Gräber, aber ich glaube, es wurden schon keine neuen Bestattungen mehr durchgeführt. Ein Stückchen weiter die Leinestraße hinauf Richtung Globus Wachau gibt es übrigens noch einen weiteren kleinen ehemaligen Gottesacker/Friedhof. Wenn man nach der S-Kurve mit den beiden Teichen rechts den Radweg entlang die Kirchallee Richtung Globus fährt, kommt rechts so ein kleines Metalltor. Dort sind vor allem die Vorfahren der Familie Blüsch begraben, eine Landwirtfamilie, die dort an der Ecke mal ein Rittergut besessen hat.“ Danke, Stefan! Da müssen wir auch noch hin!
Außerdem haben wir heute noch einmal mit der kirchlichen Friedhofsverwaltung in Connewitz gesprochen und wissen nun ein bisschen mehr. Die Stilllegung des Dölitzer Friedhofs aus wirtschaftlichen Gründen begann schon zu DDR-Zeiten. Anfang der 1990er Jahren gab es demzufolge nur noch wenige Bestattungen an der Leinestraße, aber zunehmend Vandalismus. Damals gehörte das Gelände zur Lößniger Gethsemanekirche, deren Gemeinde eine Zeitlang versuchte, der Lage mit freiwilligen Arbeitseinsätzen Herr zu werden. Als dann auch noch die Wasserrechnungen in astronomische Höhen schnellten, weil Unbekannte entweder in Massen Wasser holten oder die Hähne einfach aufdrehten, war endgültig Schluss. Die Reste der obengenannten Gebäude wurden beräumt, das Wasser abgestellt und abgemeldet. Eine traurige Entwicklung, auch wenn es jetzt vor Ort romantisch aussieht …
Nachtrag am 12.06.2021: „Während meiner Zivildienstzeit auf dem Friedhof Connewitz 1994/95 haben wir den Friedhof Dölitz (sowie den alten Friedhof Lößnig) mit betreut. Connewitz, Lößnig und Dölitz gehörten zum Kirchlichen Friedhofsamt von Leipzig. Es wurden aber zu der Zeit nur noch Pflegearbeiten durchgeführt, d.h. Rasen mähen und Hecke schneiden. Auf dem Friedhof in Dölitz wurden zu dem Zeitpunkt keine Beisetzungen mehr durchgeführt. Manchmal gab es noch Umbettungen von Dölitz auf andere Friedhöfe. Wie bereits beschrieben gab es immer wieder Vandalismus durch die Abgeschiedenheit und das Wasserproblem.“ Das teilte Thilo mit. Herzlichen Dank!
Nachtrag am 14.06.2021: Noch einmal besten Dank an Tippgeber Thomas (siehe oben), er hat uns nun auch noch ein Foto des alten Dösner Friedhofs zukommen lassen.