Ein Mitstreiter aus Stötteritz hatte eine Frage an uns weitergeleitet. Sein Nachbar besitze ein Foto, das aus den 1940er Jahren stammt, auf dem die rückseitige Inschrift anders lautet als heute und zwar: Der Herr ist der rechte Kriegsmann, Herr ist sein Name. Unser Stötteritzer wollte gern wissen, wann und warum der Spruch geändert worden ist – wir auch, also wandten wir uns ans Stadtarchiv und das Stadtgeschichtliche Museum und erhielten freundliche Antworten.
Olaf Hillert vom Stadtarchiv schrieb: „… unserer Bibliothek liegt lediglich eine kleine Publikation vor, die sich ausschließlich auf das gesuchte Denkmal bezieht. Diese stammt aus dem Jahr 1871 und trägt den Titel ‚Der Napoleonstein am Thonberge bei Leipzig : zur Bezeichnung des von Napoleon I. am 18. October 1813 innegehabten Standquartieres errichtet von dem Vereine zur Feier des 19. Octobers in Leipzig‘ (Bibliothek, Nr. 3175).
Die dort ebenfalls vorliegende, 1998 im Sax-Verlag Beucha herausgegebene Publikation ‚Leipziger Denkmale, Bd. 1‘ enthält auf der S. 123 lediglich den allgemeinen Hinweis darauf, dass die benannte Inschrift vor 1945 getilgt und an deren Stelle 1953 die jetzige Inschrift eingemeißelt wurde (Bibliothek. Nr. 4328). Es ist davon auszugehen, dass in Vorbereitung der Publikation umfangreiche Recherchen in Archiven, Museen und Bibliotheken geführt wurden.
Es konnten keine städtischen Verwaltungsakten ermittelt werden, die im 20. Jahrhundert speziell über das Denkmal angelegt wurden. In zwei uns vorliegenden Verzeichnissen, die sich auf die Erfassung von einigen wenigen Denkmalen beziehen, konnten zum gesuchten Denkmal nicht die gesuchten Angaben ermittelt werden.“
Steffen Poser, der Leiter des Völkerschlachtdenkmals, teilte uns mit: „Ich weiß, daß der ‚Verein zur Feier des 19. October‘ 1857 den Napoleonstein mit diesem Vers aus dem Zweiten Buch Mose errichtet hat und er heute durch die Standortbestimmung zur Quandtschen Tabaksmühle ersetzt ist. Wann diese Veränderung vorgenommen wurde, kann ich leider nicht sagen.“ Er vermute nach 1945 im Zuge einer Restaurierung. Herzlichen Dank an beide Auskunfterteiler! Manche Rätsel lassen sich eben nicht einfach so lösen.
Übrigens gibt es eine aus dem Jahr 1913 stammende Medaille des Deutschen Patriotenbundes zur Errichtung eines Völkerschlachtdenkmals bei Leipzig, auf der das soeben fertiggestellte Denkmal, der Erzengel Michael und genau die oben genannten Worte vom Herrn als Kriegsmann zu sehen sind.
siehe auch unsere Beiträge „Tabak und (edle) Tropfen“ (Mai 2013), „Ein Kaiser zum Kauen“ (Februar 2014) sowie „Postkarten vom Denkmal I + II“ (August 2014)
In der FB-Gruppe „Leipzig – Geschichte und Geschichten“ bringt uns Helge Pfeiffer zwei sehr interessante Begebenheiten nahe, die zwar nicht mit der Inschrift, jedoch mit dem Napoleonstein zu tun haben. Wir zitieren: „Am 13. Mai 1857 besuchte der Neffe Napoléon I., genannt ‚Prinz Napoléon‘ (1822-1891) die Messestadt Leipzig, und der Napoleonstein stand auch auf dem Programm. Die ‚Illustrierte Zeitung‘ hat am 13. Juni 1857 (in Wort und Bild) davon berichtet. ‚Prinz Napoléon‘, eig. Napoléon Joseph Charles Paul Bonaparte, respektlos auch zuweilen ‚Plon-Plon‘ genannt, war der Sohn von Jérôme Bonaparte, dem jüngsten Bruder des Franzosenkaisers, und er hatte eine Reihe militärischer und politischer Funktionen inne, seine Reise nach Leipzig hatte ggf. nicht nur touristische Gründe. Nach dem Tod des Sohnes von Napoléons III. war er übrigens der Erbfolge entsprechend Oberhaupt des Hauses Bonaparte, und er forderte 1883 sogar den französischen Kaiserthron, was seine Verhaftung, Verurteilung und Verbannung zur Folge hatte. Er starb 1897 im Exil in Rom.“
Und in Nummer 2 erzählt er von August Bebel: „Im Rahmen der Sozialistengesetze kam es 1881 zum sogenannten ‚kleinen Belagerungszustand‘, welcher zum Ziel hatte, politisch gefährliche Personen aus gewissen Städten in Deutschland auszuweisen. Das Schicksal traf auch die SPD-Gründer Wilhelm Liebknecht und August Bebel in Leipzig und daher rief man am 19. Juni 1881, abends gegen 21 Uhr zum großen konspirativen Krisentreffen am Napoleonstein, um zu debattieren, wie mit dieser neuen Situation umzugehen sei. Vom Treffpunkt Napoleonstein konnte man jegliche Spitzel und andere Ordnungshüter sofort von weitem identifizieren. Beschrieben hat dies August Bebel in seiner Autobiografie: ‚Man hatte zu jener Zeit von dort einen weiten Überblick über die Gegend, den weder Baum noch Strauch beengte, alles war Ackerland, so daß man Unberufene schon von weitem sehen und erkennen konnte.‘“ Danke, Helge!