Alltag von heute ist Alltag, Alltag von früher ist interessant! Die DVD “Leipzig wiederentdeckt – Historische Filmschätze von 1910-1989″ (zu bekommen im Leipzig-Buchladen im Alten Rathaus oder bei der Leipziger Volkszeitung) enthält einen circa halbstündigen Film von 1931, der aus Straßenbahnfahrersicht gedreht wurde – eigentlich ein ganz normales Alltagsdokument, aber aufgrund seines Alters ein kleines Wunder!
Los geht’s in der Torgauer Straße, dann über die Eisenbahnstraße am Krystallpalast (!) vorbei zum Hauptbahnhof. Unten im Hotel Astoria befinden sich Ladengeschäfte, der Promenadenring vor den jetzigen Höfen am Brühl sieht im Vergleich viel breiter, grüner und schöner aus. Heute ist an dieser Stelle die Straße breiter …
Man erkennt das Naturkundemuseum, staunt über das Naundörfchen und fährt den Ranstädter Steinweg und die Jahnallee hinaus bis zum Straßenbahnhof Angerbrücke. DHfK und Stadion existieren noch nicht, dafür vier Brückenhäuschen am Elsterflutbecken.
Nun wechseln wir die Linie und rollen die heutige Karl-Liebknecht-Straße hinein in Richtung Zentrum. Der Leuschnerplatz wirkt völlig anders, die Straßenbahn nimmt ihren Weg durch die Schillerstraße und gelangt dann zwischen Moritzbastei (mit Schulgebäude auf dem Buckel!) und alter Universität auf den Augustusplatz – beeindruckend stehen dort alte Oper (= Neues Theater) und altes Bildermuseum einander gegenüber.
Erneut geht es in Richtung Hauptbahnhof und dann in die damalige Blücherstraße wieder am Astoria vorbei zum Leihhaus, wo leider, leider Schluss ist. Hätten die damals nicht das komplette Netz abfahren können?!
Doch YouTube hält Trost bereit, u.a. eine 3sat/ZDF-Dokumentation aus dem Jahr 1998 (sucht nach „Straßenbahn Leipzig“, eingestellt von Ralf Andrä). Auch dieser Film ist mittlerweile historisch. Wir entdecken die Fußgängerbrücke am Brühl, das Restaurant „Stadt Dresden“ (Wintergartenhochhaus) und das DDR-Uni-Hauptgebäude, außerdem u.a. den Straßenbahnhof Reudnitz (heute Kaufland) und die aufgegebene Endstelle im sommerlich verträumten Anger-Crottendorf.
28 Minuten lang kurven wir durchs End-1990er-Leipzig und bekommen dabei auch noch so gut wie alle von der hiesigen Straßenbahn genutzten Fahrzeuge von den Anfängen im 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart zu sehen. Ebenfalls toll!
siehe auch unseren Beitrag „Mit der Straßenbahn“ (Februar 2014)