Ansehen

Die Übernachtungsapotheke

Die Übernachtungsapotheke

An der Stelle, an der Dresdner, Wurzner und Breite Straße aufeinandertreffen, dominert ein markantes Riesengebäude das Straßenbild, die Wurzner Straße 1. Bis in die 1990er hinein befand sich unten im Haus die Ost-Apotheke, seit Jahren werden deren Räume von einer Spielhalle genutzt. Doch darüber gibt es seit Juli etwas Neues, ein Hostel namens Ost-Apotheke!

Wo pharmazeutisch geschulte Mitarbeiter einst Pulver und Pillen produzierten, übernachten heute Leipzig-Besucher – und nutzen die alten Spinde! „Die waren noch da“, erzählt Mira und sagt: „Spinde gehören zu einem Hostel – hier gehörte ein Hostel rein!“ Mira wohnt mit circa 30 anderen Leuten zwischen 19 und 32 Jahren* im lange Zeit leerstehenden Haus, sie hatte die Idee, über der alten Apotheke einen kleinen Beherbungsbetrieb einzurichten.

Die junge Frau hat Philosophie studiert, im Büro gearbeitet und ist nun verantwortlich für zwölf Betten und einige originelle Details. Neben den aufbereiteten Spinden erregen zum Beispiel eine schon als antik zu bezeichnende, hellblaue Klotür, wunderliche Lampen (wie die aus einem Wasserhahn gebaute – siehe Foto) und vor allem die Kubusse, Mönchszellen oder Gartenhäuschen Aufmerksamkeit. Was für Dinger? Ein-Mann-Kabinen aus Holz mit Decke, die im Gemeinschaftsschlafsaal stehen und ihren Nutzern privaten Raum im öffentlichen bieten.

Eine Idee von Mira! Darauf gekommen ist sie, als sie sich Gedanken über die Einrichtung des altbautypisch sehr großen Zimmers machte, aber wegen des zu erhaltenden Raumeindrucks keine Wände einziehen wollte, zumindest nicht bis oben. Und diese Kubusse oder „Zellen“ werden gern gebucht, vor allem Touristinnen aus Korea und Japan fänden sie superniedlich.

Alternativ dazu kann man hier auch in einem Zwei-bis-Drei-Bett-Zimmer wohnen, separat, fast wie im Hotel. Hinzu kommen gemeinsame Küche, Duschen, Toiletten sowie ein Aufenthaltsraum, alles schön und mit Geschmack gemacht. Eine Besonderheit stellt darüber hinaus die eigene Treppe dar, die führte ursprünglich von der Apotheke in die Produktionsräume – alte Häuser sind einfach interessant!

Wer sich im Ost-Apotheke Hostel aufs Ohr legen möchte, hat selbstverständlich die Möglichkeit, sich direkt vor die Tür in der Wurzner Straße 1 zu stellen und die am Klingelschild angegebene Nummer zu wählen. Besser, so Mira, sei allerdings eine vorherige Anmeldung über das Internet: www.ost-apotheke.net/hostel.

Wenn Ihr alles geklärt und abgeladen habt, lauft Ihr beispielsweise die Dresdner Straße immer geradeaus in die Stadt hinein und landet nach gar nicht allzu langer Zeit (15-20 Minuten) am Augustusplatz. +++ Am nächsten Morgen geht Ihr dann über die Straße und durch die Schlippe in die Kippenbergstraße zum Bäcker – kleiner Laden, gute Ware! Und für den Abend empfiehlt Mira u.a. das chinesische Lokal „Konfuzius Tee Kultur Garten“ schräg gegenüber vom Hostel, Dresdner Straße 82. Ein Geheimtipp, meint sie.

Unsere Zusatzhinweise lauten wie folgt: Das Eiscafé San Marco in der Dresdner Straße 77 (siehe auch unseren Beitrag „Eiscafé und Kuchengarten“, Juni 2012), die Substanz im Täubchenweg 67, die Trattoria Anna Rosa in der Reichpietschstraße 51, die Eisträumerei in der Riebeckstraße 23, die Bäckerei Wissel** in der Oststraße 100 und das Gartenlokal Selli in der Bernhardstraße 67 (siehe auch unseren Beitrag „Ab in die Gartenkneipen VI“, September 2014).

* außerdem wohnt seit eh und je eine Frau von heute etwa 70 Jahren im Haus, die hier eine beträchtliche Zeit lang sogar ohne Strom und Wasser ausgehalten hat und nun von den neuen Jungen umsorgt wird
** von außen und innen altertümlich-romantisch sowie für Leipzig wichtig: perfekte Lerchen!