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Von Aureator und Leipziger Pilsner

Von Aureator und Leipziger Pilsner

Wander- und Sammlerfreund Hardy erzählt die Geschichte der Plagwitzer Brauerei Carl Wilhelm Naumann mit Hilfe historischer Bieretiketten, von denen er die meisten im Original besitzt und einige wenige leider nur als Kopie. Super Idee, wir danken herzlich für den Beitrag samt Bildmaterial!

(H.H.) Als die Brauerei 1828 entstand, wurde das Bier viele Jahre lang ausschließlich in Fässern gelagert, transportiert und davon abgefüllt. Erst später kam es dann zur Abfüllung in Flaschen, auf denen der Brauereiname eingraviert war. Etwa 1910 muss es dann zur Etikettierung der Bierflaschen gekommen sein. Welche Bierflaschenetiketten in welcher Reihenfolge benutzt wurden, kann man anhand der Brauereiembleme ziemlich genau feststellen. Wann das jedoch jeweils genau gewesen sein könnte, ist sehr schwer präzise zu sagen. Man kann vieles nur vermuten.

Fang ich mal mit meinen wohl ältesten Bieretiketten der Brauerei C.W. Naumann an. Es handelt sich bei diesem Emblem um eine figürliche Darstellung einer m.E. weiblichen Figur, die in der rechten Hand einen Großbuchstaben „C“ und in der linken Hand einen Großbuchstaben „W“, hält. Welche Bedeutung diese Figur haben könnte, weiß ich leider nicht. Im Schoß hält sie einen Großbuchstaben „N“, siehe die Bilder 1 bis 3 (Nr. 2 ist eine Kopie). Links und rechts neben dem Emblem auf Nr. 3 kann man einen stilisierten Zug und ein Schiff erkennen. Das sind Hinweise darauf, dass Naumanns Bier in verschiedene Länder transportiert worden ist, auf dem Festland und übers Meer auch auf andere Kontinente. Erstmals wird hier die Bezeichnung AG für Aktiengesellschaft verwendet.

Etwas später werden dann die drei runden Bieretiketten 4 bis 6 genutzt, wobei die 6 stilistisch schon einfacher gestaltet und deshalb auch das jüngste von diesen drei Etiketten sein dürfte. Interessant wäre zu wissen, was es mit der Bezeichnung Aureator auf sich hat. Ab hier wird nun das Brauereiemblem mit dem Großbuchstaben „N“ genutzt und einer integrierten „1828“. Liest man einschlägige Chroniken im Internet, erfährt man, dass bei Naumann ab 1901 begonnen wurde, das Bier in Flaschen zu füllen. Sicherlich wurden da nicht sofort Etiketten geklebt, vielmehr gab es zunächst Eingravierungen bzw. reliefartige Schriftzüge auf den Bierflaschen. Sicherlich wurden dann auch die Porzellanverschlüsse beschriftet oder mit dem bekannten Naumann-Logo versehen. Dieses Verfahren dürfte mit der Zeit zu kostspielig geworden sein …

Das alles beachtend kommt bei mir die Erkenntnis, dass meine ersten Naumann-Etiketten, also die Nummern 1 und 3 von etwa 1910 sind. Die zweite Stufe mit dem erneuerten Emblem („N“ mit Gründungsjahr), also die Nummern 4 bis 6, würde ich um 1920 datieren. Das erfolgt aus gutem Grunde, bei der folgenden Serie ist nämlich ein Etikett dabei, bei welchem das Jahr eindeutig feststeht. Es handelt sich um das JAHR 100 BRÄU, also 1828 plus 100 ist 1928. Ab hier wurden Etiketten in ovaler Form mit zugehörigen Flaschenhalsergänzungen verklebt. Ich beginne mit der 7, welche von dieser Serie das älteste Stück sein sollte. Die Schrift ist noch sehr verschnörkelt und erstmals die Information „Überall vertreten“ enthalten. Bei Nr. 8 ist die Schrift nicht mehr verschnörkelt. Ab Nr. 9 (bis Nr. 12) ist zu erkennen, dass man von nun an auf eine klare Gestaltung und Einheitlichkeit Wert legt.

Ein wenig Kopfzerbrechen bereiten mir die folgenden Bieretiketten, die optisch etwas abweichen. Ordne ich sie vorher oder später ein? Das beginnt mit der Nr. 13. Die 14 ist ein außerordentlich bemerkenswertes Bieretikett, denn hier ist kurz und knapp die Entstehungsgeschichte der Brauerei C.W. Naumann vermerkt. Nun komme ich zu einem Stück, das grafisch hervorragend gestaltet ist, die Nr. 18. Es handelt sich um ein Pilsner-Etikett mit der Abbildung des Völkerschlachtdenkmals. Passend dazu hat es wunderschöne Werbeprospekte gegeben. Gesehen habe ich solche schon, besitze selbst aber nur ein ausgeschnittenes Teil davon, welches ein Sammler in sein Etiketten-Album eingeklebt hatte. Deutlich zu erkennen ist, wie die Bierflasche ausgesehen hat und welches Halsetikett dazu gehört. Auf der Rückseite dieses Faltprospektteils kann man einen kleinen Spruch lesen: „Leipziger Pilsner welch köstlich Bier! Mein Mann schwärmt jedesmal dafür.“

Nun komme ich zu den Halsetiketten. die sind immer ganz besonders schwer zu erwischen. Viele Biertrinker, auch Sammler, haben solche kleinen Etiketten kaum beachtet, auch weil sie bei der Öffnung der Schnappverschlüsse sowieso kaputt gehen. Das ist dem Umstand geschuldet, dass diese Halsetiketten über dem sogenannten Schnapper befestigt wurden. Ganz einfach deshalb, weil man daran sofort erkennen konnte, ob die Bierflasche schon benutzt wurde oder nicht. Schaut man sich solche Naumann-Halsetiketten genauer an (Nr. 19), entdeckt man bei den meisten am unteren Ende einen oder mehrere Striche. Welche Bedeutung werden diese wohl gehabt haben? Handelt es sich um Wochen-, Monats-, um Händler- oder ganz andere Angaben?

Zurück zu den Bauchetiketten, speziell den Nummern 20 bis 22: Sie sind fast gleich, aber doch nicht gleich. Beim Caramel-Vollbier sehen wir am unteren Rand zwei Kreuze (Nr. 21). Keine Ahnung, was diese bedeuten. Ich habe aber genau dieses Etikett nochmal, jedoch ohne Kreuze. Möglich sind irgendwelche Vermerke der Druckerei. Auf der Rückseite vom Malzbier (Nr. 22) ist dünn mit Bleistift notiert: „Pre 1939“, wieder eine konkrete Jahresangabe.

– wird fortgesetzt mit dem Beitrag „Naumann, Westquell, Sachsen-Bräu“ (Juni 2023) –

Nachtrag im Februar 2024: Hardy legte nochmal nach und schickte uns die nunmehr komplette Naumann-Werbung. Zum Glück übersetzte er auch die alten Schreibschriftzeilen vollständig: „Naumann Caramel / Oh wie schmeckt das fein! Es muß auf jedem Tische sein. / Leipziger Pilsner / welch köstlich Bier! Mein Mann schwärmt jedesmal dafür.“ Herzlichen Dank!