Jörn „Lenin“ Bialojahn träumte schon immer davon, etwas Kleines, Eigenes, Gemütliches zu haben. Jahrelang war er Barchef im Innenstadtclub Dark Flower, ansässig in der Hainstraße, gewesen und hatte bereits dessen erstes Quartier in der Ritterstraße mit ausgebaut. Seit 2015 führt er gemeinsam mit seiner Frau Susann die Kleine Kneipe in der Alten Salzstraße 60, gegenüber des Theatriums. Hier hängen Leipziger Bieretiketten aus vergangenen Tagen an der Wand und die Grand Ouverts der regelmäßig auftauchenden Skatbrüder, hier dekorieren Antiquitäten und Kuriositäten die mit Holz gestalteten Gasträume und hier gibt es die typischen Kneipenspeisen vom Bauernfrühstück über Schnitzel und Sülze bis hin zu einem hervorragenden Schweinerückensteak nach Strindberg-Art, dessen Zwiebel-Senf-Ei-Hülle den Könner verrät.
Jörn stammt aus einer Meißner Gastronomenfamilie, hat als gelernter Koch und Landwirt ungezählte Bundeswehr-Auslandseingesetzte verproviantiert, nannte sich Verpflegungsgruppenleiter und arbeitete auch eine Zeitlang im Gleis 5 am TV-Club. Nach 14 Jahren im Dark Flower hörte er von den Schwiegereltern, dass in Grünau ein Lokal frei werde, weil die Betreiber in Rente gehen. Er meldete Interesse an und übernahm den Laden, dessen Name wahrhaftig vom alten Peter-Alexander-Hit „Die kleine Kneipe in unserer Straße …“ inspiriert worden ist. Inzwischen konnten die Bialojahns das Lokal sogar um einen Raum erweitern, die Ausstattung samt Tischen, Türeinfassungen und Wandfachwerk übernahm Jörns handwerklich versierter Schwiegervater.
Zum guten, natürlich frisch und selbst zubereiteten Essen kommt die Kultur, mit der schon die Vorbesitzer angefangen hatten. Bauchredner, Kabarettisten und Mundart-Künstler treten auf, es gibt aber auch Irish Folk oder Country mit den dazu passenden Gerichten. Nächster Termin ist der 21. Juli, dann ist der im Stadtteil wohnende Klaus Petermann zu erleben, beim Lene-Voigt-Brunch. Die bei der aktuellen Wetterlage schwer vorstellbaren Weihnachts-, Silvester- und sogar Januarveranstaltungstermine der Kleinen Kneipe sind übrigens schon so gut wie ausgebucht.
Noch einmal zurück zu den Sammlerstücken, welche sich im Lokal verteilt finden. Der Wirt gesteht ein Faible für alte Sachen ein, bekam zu einem seiner seltenen, weil nur aller vier Jahre gefeierten Geburtstage zum Beispiel eine Standuhr von der Familie, Freunden und Gästen, freut sich über die wieder funktionierende Kuckucksuhr, alte Telefonapparate, Rechen- und Schreibmaschinen, ein betagtes Sternburg-Werbeschild und ähnlich Reizvolles. Ältestes Stück ist eine auf der Theke platzierte Figur des Biergotts Gambrinus aus dem Jahr 1888.
Achtung! Besucht die Kleine Kneipe nie an einem Dienstag, denn dann steht Ihr vor heruntergelassenen Rolläden (ist uns schon passiert).
Nachtrag am 08.01.2020: Heute feierte die Kleine Kneipe Jubiläum mit Bratwurst und Kartoffelsalat, mit Bier und roter Limo. Die Bude war voll! Der Anlass: Seit fünf Jahren sind Susann und Jörn hier die Chefs.